Das ist der Horror-Knast Saydnaya
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Die «Folterkammer Assads»:Das ist der Horror-Knast Saydnaya

Abschottung, Unterdrückung, Tod
Wie ein Nazi das Assad-Regime das Foltern lehrte

Syrische Häftlinge litten jahrelang unter der Schreckensherrschaft Assads: Die Befreiung Tausender bringt die abscheulichen Taten des Assad-Regimes nach und nach ans Licht. Die Folterknechte machten sich dabei auch die Erfahrungen von Nazi-Kriegsverbrechern zunutze.
Publiziert: 13.12.2024 um 11:37 Uhr
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Aktualisiert: 13.12.2024 um 11:47 Uhr
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Alois Brunner gilt als einer der Hauptverantwortlichen für den Holocaust.
Foto: picture-alliance / dpa

Auf einen Blick

  • SS-Offizier Alois Brunner war für Deportationen und Ermordungen von Juden verantwortlich
  • Brunner flüchtete nach Syrien und beriet Assad-Regime mit brutalen Folter-Methoden
  • Über 100'000 Hinrichtungen an Juden werden Brunner zugeschrieben
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Janine EnderliRedaktorin News

Er war einst der meistgesuchte Nazi weltweit. SS-Offizier Alois Brunner (1912–2001) gilt als Hauptverantwortlicher für über 100'000 Hinrichtungen von Juden während des Zweiten Weltkriegs.

Als Stellvertreter von Adolf Eichmann, der den Massenmord im grossen Stil koordinierte, war Brunner für die Deportationen und Ermordungen von Tausenden von Juden zuständig. Nach Kriegsende flüchtete der Drahtzieher des Holocausts nach Syrien, wo er jahrelang als Gast unter dem Assad-Regime lebte. Dort wütete der Kriegsverbrecher weiter: Brunner lehrte dem Regime und dem syrischen Geheimdienst brutale Foltermethoden und half dabei, ein System zu errichten, das Dissidenten systematisch brechen sollte.

Unterdrückung und Abschottung

Brunners Lehren waren auf extreme Unterdrückung ausgerichtet. «Komplex unterteilt in zahlreiche Abteilungen, die einander überwachen und ausspionieren», beschreiben Investigativjournalisten der französischen Plattform «Revue XXI» die Funktionsweise. Zentrales Element des Apparates: die Abschottung von Gefangenen. Hinzu kamen grausame Foltermethoden und brutale Bedingungen in den «Höllenlöchern» des Regimes. Brunner implementierte unter anderem die Foltermethode «Der deutsche Stuhl» in das System – eine mittelalterliche Folterbank, mit der die Wirbelsäule des Opfers gestreckt wurde.

Als Gegenleistung genoss Brunner zunächst den Schutz von Hafez al-Assad (1930–2000), Vater des gestürzten ehemaligen Machthabers Bashar al-Assad (59). Das Schweizer Magazin «Reportagen» zitierte 2017 einen ehemaligen Leibwächter Brunners: «Er stellte sich als enger Berater Hitlers vor. Und sogleich wurde er zum Präsidentenberater ernannt. Man schickte ihn nach Wadi Barada, einer Geheimdienstbasis. Dort hat er alle Hauptleute gedrillt.» Brunner sei «Spezialist für Folter» gewesen. Aufgrund seiner Boshaftigkeit gab man ihm auch den Spitznamen «Bluthund».

1989 schilderte Holocaust-Überlebender Simon Wiesenthal in seinen Memoiren seine Begegnungen mit Brunner: «Unter den noch lebenden Verbrechern des Dritten Reichs ist Alois Brunner zweifellos der schlimmste. In meinen Augen war er der schlimmste aller Zeiten.»

Brunner starb in einer von Assads Zellen

Während Brunner in Syrien lebte, machte der Österreicher keinen Hehl aus seinen brutalen Taten. Gegenüber der «Chicago Sun Times» gab er zu, seine Taten während des Zweiten Weltkrieges nicht zu bereuen. «Alle diese Personen verdienten, zu sterben. Sie waren die Agenten des Teufels und menschlicher Abfall. Ich bereue nichts und würde es wieder tun.»

Weil Brunner sich irgendwann der Anweisung widersetzte, keine Interviews zu geben, bröckelte die Garantenstellung des Österreichers immer mehr. Schliesslich wurde er inhaftiert und verlor seinen Schutzstatus komplett. Er starb 2001 in Gefangenschaft. Er soll sich selbst das Leben genommen haben.

Brunner war nicht der einzige SS-Angehörige, der in Syrien weilte. «Viele von ihnen waren direkt beim syrischen Generalstab mit einjährigen Verträgen angestellt und haben die Armee und eben auch den Militärgeheimdienst beraten», sagt Noura Chalati vom Leibniz Zentrum moderner Orient zur Deutschen Welle. Aus Akten gehe hervor, dass der Generalstab sich vor allem deshalb für die ehemaligen Nazi-Verbrecher interessierte, weil sie keine Staatsangehörigkeit mehr hatten und aktive Kriegserfahrungen mitbrachten.

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