Auf einen Blick
- Amerikaner Sam Goodwin berichtet über 63 Tage in Assads Folter-Hölle
- Gefangene wurden täglich geschlagen, gefoltert und gebrochen
- 160'000 Menschen seit 2011 in Assads Gefängnissen verschwunden
«Ich hörte den dumpfen Knall eines Schlages, einen grässlichen Schrei von etwa dreissig Sekunden, dann nur noch Stille.»
Auf einer Weltreise wurde der Amerikaner Sam Goodwin (35) am 25. Mai 2019 von Assads Truppen auf den Strassen von Qamishli im Nordosten Syriens entführt und anschliessend verschleppt. Die folgenden 63 Tage wurde der aus dem US-Bundesstaat Missouri stammende Mann in einem von Assads Kerkern gefangen gehalten.
«Ich hörte den Aufprall von Schlagstöcken auf menschlichem Fleisch»
«Es ist unmöglich, zu vergessen, wie es sich anhört, wenn ein anderer Mensch gefoltert wird», sagt Goodwin gegenüber der «Daily Mail». Erstmals erzählt der Amerikaner im Detail, was wirklich in Assads Folter-Hölle passierte. Jeden Tag wurde der in Einzelhaft sitzende Zivilist Zeuge menschlicher Abgründe. Prügel standen an der Tagesordnung.
«Die Wärter arbeiteten sich Tür um Tür voran, öffneten jeden Kerker und verprügelten die Insassen. Als sie immer näher kamen, konnte ich das Knarren der Türscharniere und das Aufschlagen der Schlagstöcke auf menschlichem Fleisch hören.»
«Die Todesabteilung dient dazu, Menschen zu brechen»
«Ich sass auf dem dreckigen Betonboden meiner winzigen Zelle, schlang die Arme eng um meine Beine und war zu verängstigt, um überhaupt zu atmen. Das Geschrei war so nah, dass es unerträglich war.» Immer wieder habe er sich gefragt, wann er an der Reihe ist, wann er ebenfalls so schreien würde. Der Zeitpunkt sei jedoch nie gekommen – die Wärter verschonten ihn. «Bis heute frage ich mich, warum.»
Seit 2011 sind rund 160'000 Menschen in Assads «menschlichen Schlachthäusern» verschwunden. Für einige der Überlebenden hatte der Schrecken am Sonntag ein Ende, als die islamistischen Rebellen in Syrien an die Macht kamen und die Häftlinge aus den Gefängnissen befreiten.
Die Angst und das Trauma bleiben laut Goodwin jedoch ein Leben lang. 27 seiner insgesamt 63 Tage in Gefangenschaft verbrachte Goodwin in der Strafabteilung 215 – auch «Todesabteilung» genannt.
Genitalien mit Lötlampe verbrannt
«Während dieser ganzen Zeit sah ich keinen anderen Häftling. Ich hörte nur ihre Schreie.» Später habe er herausgefunden, was der wahre Zweck von Abteilung 215 sei. «Sie dient dazu, Häftlinge zu brechen, Menschen zu zerstören.» Die Gesichter der Wärter seien jeweils ausdruckslos gewesen. Ohne jede Emotion.
Nach seiner Zeit in der «Todesabteilung» wurde Goodwin in ein anderes Gefängnis gebracht. Dort teilte er sich eine Zelle mit 40 anderen Häftlingen. «Ein Gefangener erzählte mir, wie ihm die Wärter in einem von Assads Straflagern seine Genitalien mit einer Lötlampe verbrannten, um ihm ein falsches Geständnis abzuringen», schildert Goodwin.
«Es ist schwer für mich, die Bilder anzuzweifeln»
Aktuelle Bilder aus Syriens berüchtigtstem Gefängnis, Saydnaya, zeigen eine Eisenpresse, die vermutlich zum Brechen von Knochen eingesetzt und Seile, mit denen die Insassen festgebunden wurden. «Es ist schwer für mich, irgendetwas davon anzuzweifeln», sagt Goodwin zum Schluss.
Im Juli 2019 gelang es Goodwins Familie, die libanesische Regierung zu kontaktieren. Diese vermittelte schliesslich die Freilassung des Amerikaners.