Nach dem jüngsten Attentat lockt die AfD-Chefin den wohl künftigen Kanzler mit verführerischem Angebot
Kann Merz AfD-Weidel widerstehen?

Der wohl neue Kanzler Friedrich Merz (CDU) will nur mit Parteien zusammenarbeiten, die seine verschärfte Migrationspolitik bedingungslos mittragen. Während die linken Parteien ihm die kalte Schulter zeigen, kommt die AfD mit einem lockenden Angebot.
Publiziert: 16:35 Uhr
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Aktualisiert: 17:04 Uhr
Alice Weidel lädt die CDU/CSU zur Zusammenarbeit in der Migrationspolitik ein.
Foto: keystone-sda.ch

Auf einen Blick

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Guido FelderAusland-Redaktor

Kurz vor den Wahlen am 23. Februar schüttelt die tödliche Messerattacke von Aschaffenburg die deutschen Parteien gehörig durch. Friedrich Merz (69) von der CDU – höchstwahrscheinlich der neue Kanzler – zieht die Schraube in der Migrationspolitik noch mal an. 

Er stellt dabei klar, dass er in der künftigen Regierung mit keiner Partei zusammenarbeiten werde, die seine konsequenten Forderungen nicht unterstützt. Jetzt wird's spannend! Denn die linken Parteien wie SPD und die Grünen zögern. Muss Merz nun doch mit der ihm verhassten AfD zusammenarbeiten? Parteichefin Alice Weidel (45) jedenfalls streckt ihm verführerisch ihre Hand über die Brandmauer entgegen.

Nach den Attentaten in Duisburg, Mannheim, Solingen und nun Aschaffenburg hat die Union von CDU und CSU definitiv genug. Die CDU, die unter Kanzlerin Angela Merkel (70) Flüchtlingen Tür und Tor geöffnet hatte, will die Grenzen für Migranten praktisch dichtmachen und Ausschaffungen konsequent vorantreiben. Schwerkriminellen mit mehreren Pässen will sie die deutsche Staatsbürgerschaft entziehen.

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Der vermutlich neue Kanzler Friedrich Merz will von der AfD weiterhin nichts wissen.
Foto: Getty Images

Linke Parteien kritisieren Merz

CDU-Chef Friedrich Merz reagiert auf das Attentat von Aschaffenburg wütend: «Das Mass ist endgültig voll!» Er weigere sich, zu akzeptieren, dass solche Taten «die neue Normalität» sein sollen. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (58) von der CSU doppelt nach: «Es reicht, es reicht, es reicht! Wie viel eigentlich noch?» Das seien definitiv keine Zufälle, sondern vielmehr die Folge einer falschen, jahrelangen Migrationspolitik.

Mit seinen scharfen Forderungen kommt Merz bei den linken Parteien nicht an. Die Grünen bezeichnen sie als «weder zielführend noch rechtlich umsetzbar» und fordern stattdessen eine bessere Integration. SPD-Innenministerin Nancy Faeser (54) schiebt die Schuld für das Attentat den bayerischen Behörden zu. Sie müssten erklären, warum der bekannt gewalttätige Mann auf freiem Fuss war. 

Die AfD lockt

Jetzt steht Merz vor einer grossen Versuchung. Während ihm die linken Parteien die kalte Schulter zeigen, kommt AfD-Chefin Alice Weidel mit einem Angebot auf ihn zu. Sie möchte Merz für die Bundestagssitzung kommende Woche von einer Zusammenarbeit bei Migrationsvorstössen überzeugen. Auf X schreibt sie, dass die beiden Parteien bei gegenseitiger Unterstützung schon früher Vorstösse gegen die rot-grüne Mehrheit durchgebracht hätten. 

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Nur schon, dass sich die AfD und die Union in einer Sachfrage absprechen und gleich abstimmen könnten, sorgt in Deutschland für Aufregung. Die CDU spricht von «vergifteten Angeboten». Merz erklärt: «Wir werden unsere Anträge einbringen, unabhängig davon, wer ihnen zustimmt.» Die Union selbst würde keinem einzigen AfD-Antrag zustimmen, weil «wir sämtliche Themen, die wir für richtig halten, von uns aus in den Bundestag einbringen». 

Umgekehrt darf die Union auf die Schützenhilfe der AfD zählen. Ein AfD-Sprecher antwortete gegenüber der «Bild» auf die Frage, ob man Unions-Anträgen auch dann zustimme, wenn die CDU/CSU AfD-Vorstösse ablehne: «Ja. Das ist, was die AfD schon die ganze Zeit so handhabt. Das Land geht vor.»

Mit anderen Worten: Merz will seine verschärfte Asylpolitik so oder so durchziehen. Ob mit oder ohne AfD-Zustimmung.

Kommt's zur Zwangs-Zusammenarbeit?

Die entscheidende Frage wird sich nach den Wahlen stellen, wenn es um die Regierungsbildung geht. Kommt Merz gar nicht darum herum, die AfD in die Regierung zu holen, wenn sowohl die Grünen als auch die SPD die von Merz bedingungslos verlangte Verschärfung ablehnen?

Für Politexperten wäre eine Zusammenarbeit mit der AfD ein Tabubruch und daher kaum realistisch. Viel eher sagen sie eine Koalition mit der Union, der SPD und einer Drittpartei, entweder der FDP oder dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), voraus. 

Alexander Marguier (55), Chefredaktor des Politmagazins «Cicero», sagt gegenüber Blick: «Ich gehe davon aus, dass sich die SPD komplett neu positionieren wird und ihre Migrationspolitik anpassen muss.» Er verweist auf die Sozialdemokraten in Dänemark, die eine viel schärfere Migrationspolitik betreiben als die SPD. 

Die SPD wisse, warum ihre Umfragewerte nur noch bei 16 Prozent liegen, und werde gar nicht darum herumkommen, sich an den dänischen Kollegen ein Beispiel zu nehmen. Marguier: «Sie muss pragmatischer werden. Es ist ihre letzte Chance, wenn sie sich retten und nicht im Lokus der Geschichte landen will.» 

AfD in der Regierung verhindern

Im Gegenzug dürfte sich auch die Union wieder etwas zurücknehmen. Jürgen W. Falter (80), Wahlforscher an der Universität Mainz, sagt gegenüber Blick: «Merz befindet sich im Wahlkampf. Nach den Wahlen müssen Kompromisse geschlossen werden, Ankündigungen im Wahlkampf werden dann schnell zur Makulatur.»

Selbst wenn eine Koalition mit der Union und der SPD platzen würde, käme es kaum zu einer Regierungsbildung mit der AfD. Falter: «Eher würde Merz versuchen, eine Minderheitsregierung zu führen oder Neuwahlen anzustreben.»

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