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AfD gibt Takt vor – CDU will Politikwechsel
Wie Alice Weidel Merkels Erben in die Knie zwingt

Der Ton in der deutschen Politik wird schärfer, denn der Erfolg der AfD zwingt die Parteien zu einer Kurskorrektur. Für Experten ist das ein Kniefall vor dem stimmungsgeladenen Populismus.
Publiziert: 12:27 Uhr
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Aktualisiert: 12:31 Uhr

Auf einen Blick

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Guido FelderAusland-Redaktor

Die AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel (45) ist im Höhenflug. Nicht nur, dass mit Elon Musk (53) der reichste Mann der Welt für sie die Werbetrommel rührt. Auch die Umfragen zeigen nach oben: Ihre AfD hat gemäss dawum.de die 20-Prozentmarke erreicht, während die führende Union von CDU/CSU auf 30 Punkte gefallen ist. 

Der Erfolg der rechten AfD zwingt die andern Parteien zu einer Kurskorrektur. So schlägt die CDU/CSU, die unter Kanzlerin Angela Merkel (70) auf der sozialen Schiene fuhr, vor den Wahlen vom 23. Februar eine härtere Gangart ein. Ihr Programm ähnelt jenem der AfD immer mehr. Doch wie zielführend ist das? 

Der amtierende CDU-Chef Friedrich Merz (69), der neuer Kanzler werden dürfte, wählte drastische Worte: Deutschland brauche einen «grundlegenden Politikwechsel». Damit zielte er nicht nur auf die zerbrochene Ampelregierung unter SPD-Kanzler Olaf Scholz (66), sondern auch auf die Politik seiner Parteikollegin Angela Merkel, die von 2005 bis 2021 als Kanzlerin amtete.

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Auf dem Weg nach oben: Alice Weidel führt die AfD zum Erfolg.
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Auf die harte Tour

Unter Merkels Willkommenskultur waren während der Flüchtlingskrise 2015 rund 1,1 Millionen Menschen in Deutschland eingereist. Viele unkontrolliert. Die heutige Union will die bisherige Asylpolitik massiv verschärfen und einen faktischen Aufnahmestopp durchsetzen.

Während Merkel auf ein umfassendes Sozialnetz setzte, plant die CDU/CSU jetzt die Abschaffung des Bürgergeldes und eine restriktive Ausschüttung von Sozialhilfe unter dem Motto «Fördern und fordern». Ebenfalls im Gegensatz zu Merkel, die den Ausstieg aus der Kernenergie einleitete, hält die CDU/CSU heute an der Option Kernkraftwerke fest, um eine «funktionierende Energiepolitik» zu garantieren.

Schliesslich will Merz nicht nur den Rechtsextremismus, sondern explizit auch den Linksextremismus bekämpfen sowie Moscheen schliessen, in denen Hass gepredigt wird.

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CDU-Vertreterin preist CDU als Alternative an

Wie nahe die Union schon an die AfD herangerückt ist, zeigt ein Post der ehemaligen CDU-Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (52). In der Nachricht versicherte sie ihren Wählern, eine «demokratische Alternative» zur AfD zu sein. Nach massiver Kritik löschte sie den Beitrag schnell wieder. 

Für Wolfgang Schroeder (64), Politikwissenschaftler an der Universität Kassel, ist klar: «Das Programm der Union ist teilweise eine Übernahme der Position der AfD.» Allerdings sei sie in der Adaption teilweise naiv, unvorsichtig und hilflos. Schroeder erklärt: «Die AfD-orientierten Wähler fühlen, dass das Original authentischer und besser ist.»

Schroeder bezeichnet den Richtungswechsel der CDU als Kniefall vor dem stimmungsgeladenen Populismus. «Die CDU läuft Gefahr, ihre Eigenständigkeit und ihre eigene Begründungsfähigkeit zu verlieren.»

«Reagieren, um nicht unterzugehen»

Auch Jürgen W. Falter (80), Wahlforscher an der Universität Mainz, spricht von einer Anpassung einzelner Positionen. Allerdings würde eine solche Richtungsänderung, abgesehen von den Linken, von allen Parteien vollzogen – vor allem auch vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). Falter: «Die Parteien, auch jene des demokratischen, gemässigten Spektrums, haben erkannt, dass man nicht über viele Jahre hinweg Dinge, die den Bürgern unter den Nägeln brennen, ignorieren kann.» 

Ihm erscheint die Richtungsanpassung «aus Sicht der Wahlforschung die einzig vernünftige Reaktion der Parteien von BSW bis zur CSU» zu sein, um die AfD nicht weiter anwachsen zu lassen. Falter: «Die Parteien reagieren, um bei den Wahlen nicht unterzugehen.»

Und was sagt AfD-Chefin Alice Weidel? Sie bezeichnet die CDU als eine «Betrügerpartei», die «aus unserem wunderbaren blauen Wahlprogramm» abschreibe. Am Parteitag am 11./12. Januar rief sie die Deutschen daher auf, «lieber das Original» zu wählen als eine Kopie. 

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