Italien schickt Migranten nach Albanien
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«Neues Guantanamo»:Italien schickt Migranten nach Albanien

Melonis Asyl-Projekt
Italiens umstrittene Migrantenzentren in Albanien sind startklar

Italiens Migrantenzentren in Albanien sind fertig. Asylverfahren sollen nun vor Ort abgewickelt werden. Man erhofft sich damit weniger Migrantenströme Richtung Italien. Das Projekt ist jedoch umstritten – die EU schaut gespannt zu.
Publiziert: 14.10.2024 um 15:03 Uhr
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60 Kilometer nördlich der albanischen Hauptstadt Tirana befindet sich das Auffanglager Shengjin. Hier sollen die Migranten zu einer ersten Überprüfung landen.
Foto: AFP

Auf einen Blick

  • Neue Asylzentren in Albanien fertiggestellt
  • Erste Migranten sollen kommende Woche in die Zentren kommen
  • Projektkosten von schätzungsweise mindestens 650 Millionen Euro
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Daniel MacherRedaktor News

Nun sind sie fertig, die neuen Asylzentren in Albanien. Das zumindest meldet die italienische Regierung rund um Ministerpräsidentin Giorgia Meloni (47), die hinter den umstrittenen Lagern für Asylbewerber steht. Jetzt wird sich zeigen, ob das Projekt Startschuss für eine neue europäische Migrationspolitik sein könnte. Die EU schaut gespannt zu.

«Wir rechnen damit, dass kommende Woche die ersten Menschen in die Zentren in Albanien gebracht werden», sagte der italienische Innenminister Matteo Piantedosi (61) und sparte nicht mit Begeisterung, als er die Lager beschrieb. «Die Aufnahmezentren ähneln jenen, die sich auf italienischem Gebiet befinden. Es gibt keinen Stacheldraht. Jeder kann einen Antrag auf internationalen Schutz stellen und bekommt ihn innerhalb weniger Tage» – behauptet zumindest Piantedosi.

Zwei Lager unter italienischer Verwaltung

Zwei Lager sind es geworden: eines in der albanischen Küstenstadt Shengyin – knapp 70 Kilometer entfernt von der Hauptstadt Tirana –, das andere im einige Dutzend Kilometer entfernten Gyader. In Ersteres sollen alle im Mittelmeer aufgegriffenen Migranten zu einer ersten Überprüfung kommen. Frauen und Minderjährige seien davon nicht betroffen, wie der «Tages-Anzeiger» schreibt. Auch Migranten von privaten Rettungsschiffen nicht.

Anschliessend kommen die Menschen in das nahe gelegene Hauptlager in Gjader. Dort sollen italienische Behörden über die Asylbegehren entscheiden. Nur wer anerkannt wird, soll weiter nach Italien kommen, alle anderen sollen in ihre Herkunftsländer zurückgebracht werden.

Kritik vonseiten der Opposition

Die Idee dahinter ist klar: Die Asylanträge sollen bereits an den europäischen Aussengrenzen geprüft werden, bevor die Migranten die EU erreichen. Neu ist diese Idee jedoch nicht. In der europäischen Politik wird sie schon seit längerem diskutiert – Meloni ist nur die Erste, die sie umsetzt. Andere EU-Mitglieder hätten bereits Interesse geäussert, heisst es.

Italiens oppositionelle Linkspartei Alleanza Verdi e Sinistra warnte hingegen, dass Meloni auf albanischem Boden ein Gefängnis für Migranten plane, die in den beiden Aufnahmelagern straffällig werden. Im Gefängnis sollen 45 Polizisten eingesetzt werden. Die Oppositionspartei warnte vor der Gefahr unmenschlicher Haftbedingungen für die Migranten.

Teuer und politisches Kalkül

Die Opposition kritisierte zudem, die Zahl der Migranten werde sich nur wenig reduzieren, dafür sei das Projekt sehr teuer. Sie schätzt die Kosten auf mindestens 650 Millionen Euro – rund 611 Millionen Franken.

Auch der linke albanische Premier Edi Rama (60), der die Lager in Zusammenarbeit mit Meloni auf den Weg brachte, wurde wegen des Abkommens in Albanien kritisiert. Er hatte das Vorhaben wiederholt als Geste der «Solidarität» gegenüber Europa verteidigt. Albanien strebt – wie weitere Staaten des Westbalkans – eine Mitgliedschaft in der Europäischen Union an.

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