Auf einen Blick
- Migration dominiert die US-Wahl, Trump spricht von «besetztem Amerika»
- Private Grenzschutzgruppen wie «Patriots for America» sind umstritten
- Samuel Hall behauptet, 300'000 Kinder seien spurlos verschwunden
- US-Grenzschutzbehörde fing 2022 rund 152'000 unbegleitete Kinder ab
- «Patriots for America» bekämpfen auch Online-Pädophile
Je näher der Wahltermin in Amerika rückt, umso klarer wird: Kein Thema beschäftigt das gespaltene Land so sehr wie die Migration. Der republikanische Kandidat Donald Trump (78) spricht an Wahlveranstaltungen offen vom «besetzten Amerika». Seine demokratische Kontrahentin Kamala Harris (59) macht klar, dass sie sich als Präsidentin für mehr Personal und Drogen-Scanner an der Grenze zu Mexiko einsetzen würde.
Nach drei Jahren mit rekordhohen illegalen Grenzübertritten unter Joe Bidens (81) Regierung hat sich die Situation an ebendieser Grenze in den vergangenen Monaten einigermassen stabilisiert. «Viele Grenzschützer sind aber völlig erschöpft und demoralisiert», sagt Samuel Hall (43), Chef der privat organisierten Grenzmiliz «Patriots for America». «Auch wenn Ihnen das niemand offiziell bestätigen kann: Die Behörden sind gottfroh um unsere Unterstützung.»
Seit 2019 ist Halls Gruppierung vorwiegend in Texas aktiv und patrouilliert, mit AR-15-Gewehren bewaffnet, entlang der Grenze, um illegale Migranten aufzufangen. Hall sagt, seine Gruppe schliesse eine Lücke und helfe, die «Migranten-Flut» zu stoppen, die sonst sein Heimatland überschwappen würde. «Kamala Harris und Joe Biden freut diese Flut natürlich. Sie wollen all diese Migranten herholen, einbürgern und sie zu demokratischen Wählern machen», behauptet Hall.
Ex-Milizenführer zweifelt an Wirksamkeit privater Grenzschutzgruppen
Private Grenzschutzorganisationen wie Halls «Patriots for America» sind in Amerika nicht per se verboten, aber umstritten. Kritiker monieren, dass die Privatmilizen ihre Mitglieder nur ungenügend ausbilden und damit in Kauf nähmen, dass es bei deren Einsätzen zu unnötiger Gewalt kommt.
Samuel Hall aber betont, seine Truppe agiere hochprofessionell – ohne Genaueres über deren Zusammensetzung oder Ausbildung zu verraten. Nur so viel: «Wir führen strenge Hintergrundchecks durch, um Kandidaten auf ihren Charakter und ihre Absichten hin zu untersuchen. Acht oder neun von zehn Bewerbern füllen unsere Fragebögen gar nicht erst aus. Die fallen sofort raus.» Und: Die Patriots seien in allererster Linie eine christliche Gruppierung. «Nächstenliebe schreiben wir gross. Wir lassen niemanden einfach so sterben, der an unsere Grenze kommt», sagt der einstige Missionar Hall.
Jim Gilchrist ist sowas wie ein Berufskollege von Hall. Er gründete einst das inzwischen aufgelöste «Minuteman Project», genau wie die «Patriots for America» eine private Grenzschutz-Miliz. Gilchrist sagt zu Blick, Patrouillen-Einsätze wie jene der «Patriots for America» seien zwar gut gemeint, aber letztlich wirkungslos. «Unsere Regierung wendet die geltenden Migrationsgesetze nicht an. Es bringt also nichts, wenn wir Freiwillige zu gefährlichen Einsätzen an die Grenze schicken, um illegale Migranten zu stoppen. Unsere Behörden lassen die Migranten dann sowieso wieder laufen.»
Kinder aus Fängen der Kartelle befreien
Samuel Hall widerspricht dem ganz grundsätzlich. «Seit 2019 ist unser Hauptziel, den Menschenschmuggel in unser Land zu stoppen und wehrlose Kinder aus den Fängen mexikanischer Kartelle zu befreien. Und glauben Sie mir: Die Präsenz bewaffneter Männer an unserer Grenze wirkt abschreckend auf Gangs, die Kinder und Jugendliche für Sex- und andere Zwangsarbeit in die USA bringen wollen.» Seine Organisation leiste angesichts der überforderten Grenzbehörden einen wichtigen Beitrag, um die Schwächsten zu schützen.
Welches Ausmass der Menschenhandel an der mexikanisch-amerikanischen Grenze tatsächlich hat, lässt sich schwer beziffern. Hall spricht von 300'000 Kindern, die in den vergangenen Jahren in die USA gebracht worden und dann spurlos verschwunden seien. Die offizielle US-Grenzschutzbehörde gibt an, dass sie 2022 insgesamt 152'000 unbegleitete Kinder und Jugendliche an der Grenze aufgegriffen habe.
Wie viele Minderjährige seine Männer seit 2019 gestoppt und den Behörden übergeben hätten, kann Samuel Hall nicht sagen. «Wir werden aber weiter jeden Tag dafür kämpfen, dass unschuldige Kinder nicht länger auf dem politischen Altar geopfert werden», sagt er zu Blick.
Aus genau diesem Grund hätte seine Organisation jetzt auch erfolgreiche Initiativen gegen Online-Pädophile aufgegleist. In drei Bundesstaaten haben die «Patriots for America» den Strafverfolgungsbehörden Hinweise und Beweismaterial zu Pädophilen überreicht, die sie aufgespürt hatten. «Die Arbeit geht uns leider noch länger nicht aus.»