Erst kürzlich legte die Ukraine einen 12-Punkte-Plan für die «Befreiung» der Krim vor. Daraufhin fackelten die russischen Streitkräfte nicht lange und rüsteten auf der Insel auf, um für eine ukrainische Gegenoffensive gewappnet zu sein: In kurzer Zeit stampften sie Schützengräben, Panzersperren und neue Anlagen aus dem Boden.
Dass die Ukraine und Russland zu Gesprächen bezüglich der Krim miteinander bereit wären, war also kaum auszudenken. Bis jetzt. Wie Andriy Sybiha (48), ein hochrangiger Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski (45), gegenüber der «Financial Times» erklärte, ist die Ukraine bereit, mit Russland über die Krim zu sprechen.
Befreiung der Krim durch Armee dennoch nicht ausgeschlossen
Allerdings schickt der Selenski-Berater den möglichen Gesprächen eine Bedingung voraus: Die Gegenoffensive der Ukraine müsse erfolgreich verlaufen. «Wenn es uns gelingt, unsere strategischen Ziele auf dem Schlachtfeld zu erreichen und wir bis an die Grenze zur Krim vorstossen können, sind wir bereit, eine diplomatische Seite zu eröffnen, um diese Frage zu erörtern», sagte Sybiha und bezog sich dabei auf die lange geplante Gegenoffensive Kiews. Dennoch bedeute das nicht, dass die Ukraine den Weg der Befreiung der Krim durch die Armee ausschliesse.
Die Bereitschaft zu möglichen Gesprächen kommt überraschend. Bisher hat Selenski jegliche Verhandlungen mit dem Kreml ausgeschlossen, solange die russischen Streitkräfte nicht die gesamte Ukraine – einschliesslich der Krim – verlassen haben.
Befürchtung von atomarem Rückschlag durch Russland
Sybihas Ankündigung dürfte westliche Beamte beruhigen. Diese zeigten sich bisher skeptisch darüber, ob die Ukraine in der Lage wäre, die Halbinsel zurückzuerobern. Zudem befürchtete man, dass ein Versuch, die Krim militärisch zurückzugewinnen, in einem atomaren Rückschlag seitens Russland enden könnte.
In den vergangenen Wochen hat sich die Situation auf der Krim zugespitzt. Die ukrainischen Streitkräfte haben ihre Angriffe auf die Krim verstärkt und die Halbinsel zu Land und zu Wasser mit Drohnen attackiert.
Wegen der «Konzentration der Kräfte» vor Ort, unterstützt Tim Woods, Leiter des britischen Verteidigungsstabs und Verteidigungsattaché in Washington, eine politische Lösung für die Halbinsel ebenfalls. Am Mittwoch sagte er, dass er nicht an eine schnelle militärische Lösung glaube. «Daher müssen wir sehen, welche Bedingungen für die Ukraine günstig sind, um zu verhandeln, und ich denke, dass die Ukraine dazu bereit wäre.» (dzc)