Auf einen Blick
- Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt erschüttert Stadt. Klinikdirektor zieht Bilanz
- Häufigstes Verletzungsmuster: Multiple Knochenbrüche mit starkem Blutverlust und inneren Blutungen
- 520 Mitarbeiter meldeten sich freiwillig zum Dienst, 72 Verletzte wurden versorgt
Der Anschlag auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt hat die Stadt erschüttert. Robert Werdehausen, Klinikdirektor der Universitätsmedizin Magdeburg, zieht eine erste Bilanz der medizinischen Versorgung. Als Medizinischer Einsatzleiter des Krisenstabs in der Attentatsnacht erlebte Werdehausen die dramatischen Ereignisse hautnah mit. «Insgesamt ziehen wir ein positives Fazit. Das vorgehaltene Notfall-Konzept hat uns sehr bei der Bewältigung dieser Herausforderung geholfen», sagt er im Gespräch mit der «Süddeutschen Zeitung».
Der Anästhesiologe und Notfallmediziner war an jenem Freitagabend auf einer Feier, als ihn der Anruf erreichte. Sofort wurde die höchste Alarmstufe ausgerufen. «Es werden Krisenstäbe nach vorher festgelegtem Plan gebildet. Zusätzliches Personal wird über unser digitales Alarmierungssystem rekrutiert», erklärt Werdehausen den Ablauf.
«Wir konnten allen sehr gut helfen»
Die Hilfsbereitschaft war überwältigend: 520 Mitarbeiter aller Berufsgruppen meldeten sich freiwillig zum Dienst. Das Universitätsklinikum versorgte insgesamt 72 Verletzte, darunter 15 Schwerverletzte. «Derzeit ist niemand mehr in Lebensgefahr. Wir konnten allen sehr gut helfen», berichtet der Klinikdirektor erleichtert.
Das häufigste Verletzungsmuster waren multiple Knochenbrüche mit starkem Blutverlust. «Die Personen hatten keine grossen Wunden, aber grosse Blutungen nach innen, die dann zu Schockzuständen führten», so Werdehausen. Glücklicherweise gab es wenige Kopfverletzungen.
Trotz der professionellen Versorgung forderte der Anschlag Todesopfer. Zwei Patienten, darunter ein neunjähriger Junge, verstarben aufgrund ihrer schweren Verletzungen. «Sie waren einfach zu schwer verletzt», sagt Werdehausen bedauernd.
Psychische Wunden können sich erst später zeigen
Die psychische Belastung war für alle Beteiligten enorm. «Es war zweifelsohne psychosozial eine grosse Herausforderung. Für die Patienten, für die Angehörigen, die zum Teil nach den Patienten suchen mussten, aber auch für uns», beschreibt der Mediziner die Situation. Psychologen standen rund um die Uhr zur Verfügung.
Werdehausen lobt die Leistung seines Teams: «Wir waren alle sehr erleichtert, dass wir es gemeinsam bewältigt haben und so gut helfen konnten.» Dennoch zeigen sich bei manchen Mitarbeitern Spuren der belastenden Nacht. «Es ist auch möglich, dass sich erst später psychische Wunden zeigen», gibt er zu bedenken.
Ermittlungen zum Attentat laufen noch
Der Klinikdirektor zieht ein vorläufig positives Fazit, betont aber: «Wir sind noch nicht so weit, wir müssen das alles noch aufarbeiten.» Die Erfahrungen sollen genutzt werden, um die Notfallversorgung weiter zu optimieren.
Die Ermittlungen zum Tathergang und Motiv laufen weiter auf Hochtouren. Währenddessen kehrt in den Kliniken langsam wieder der Alltag ein – geprägt von der Erfahrung einer aussergewöhnlichen Nacht, die niemand so schnell vergessen wird.