Der Iran kommt seit dem Tod der 22-jährigen Mahsa Amini durch Schergen des Mullah-Regimes nicht zur Ruhe. Jetzt wird auch eine Universität in Teheran, die als Hochburg des Widerstands gilt, von Sicherheitskräften belagert.
In der Nacht auf Montag riegelten Polizisten und Milizen den Campus der renommierten Scharif-Universität nach Protesten ab. Studenten und auch Dozenten sitzen in der Falle. Videos in sozialen Medien zeigen, wie Sicherheitskräfte mit scharfer Munition schiessen. Auch mehrere Professoren der Elite-Universität sollen verprügelt worden sein.
Derweil verbreitet sich ein iranischer Protestsong wie ein Lauffeuer – nicht nur im Iran, sondern rund um den Erdball. Kein Buch, keine politische Abhandlung erklärt den Aufstand im Iran besser als die zweiminütige Ballade des iranischen Musikers Shervin Hajipour (25).
Von Religionswächtern abgeholt
Innerhalb von 48 Stunden wurde Hajipours Hymne «Baraye», was so viel wie «wegen» oder «deswegen» bedeutet, mehr als 40 Millionen Mal aufgerufen. Mit starken, klaren Worten bringt der Sänger den Schmerz iranischer Menschen zum Ausdruck.
Die Ballade ging sofort als Megahit viral. Hajipour komponierte den Song aus mit dem Hashtag #MahsaAmini versehenen Tweets. Er spricht von den Sehnsüchten einer jungen, modernen Gesellschaft, die von einer altersschwachen religiösen Diktatur regiert wird. Menschen sehnen sich nach einem «normalen Leben» statt nach dem «aufgezwungenen Paradies» des islamistischen Polizeistaates.
Stunden nach der Veröffentlichung des Songvideos hat die Geheimpolizei den jungen Iraner abgeholt und verhaftet.
Gefürchtete Sittenpolizei
Die 40 Millionen Aufrufe des Songs, das war bis zu seiner Verhaftung am Donnerstag. Seither wird der Song weiter millionenfach aufgerufen und verbreitet. Hajipour befindet sich indes höchstwahrscheinlich in der Gewalt der iranischen Religionspolizei, auch Sittenpolizei genannt. Diese setzt die Scharia-Vorschriften bezüglich des religiösen Verhaltens im Auftrag der Mullahs durch.
Es war auch diese Sittenpolizei, die die 22-jährige Mahsa Amini vor gut zwei Wochen wegen ihres angeblich «unislamischen Outfits» festgenommen hatte. Was danach mit Amini geschah, ist unklar. Die Frau fiel ins Koma und starb am 16. September in einer Klinik. (kes)