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Indischer Arzt schlägt Alarm wegen Corona-Doppelmutation
«Diese Welle ist ansteckender und wohl auch tödlicher»

Indien verzeichnet den sechsten Tag in Folge die weltweit höchste Anzahl an Corona-Neuinfektionen. Laut einem Arzt, der auch die Regierung berät, befindet sich das Land im «Würgegriff» der Doppelmutation.
Publiziert: 27.04.2021 um 18:41 Uhr
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Aktualisiert: 27.04.2021 um 22:36 Uhr
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Corona-Abteilung in einem Spital in Neu-Delhi: Der Sauerstoff wird knapp in Indien.
Foto: imago images/Hindustan Times

Täglich über 300'000 neue Fälle und Tausende Tote im Zusammenhang mit dem Coronavirus. In Indien hat die zweite Welle verheerende Auswirkungen. Dies könnte auch auf die Auswirkungen der indischen Corona-Variante B.1.617 zurückzuführen sein. Diese zeichnet sich durch zwei Veränderungen am Erbgut aus und wird daher auch als Doppelmutante bezeichnet.

Experten zufolge hilft die eine Mutation dem Virus, das Immunsystem des menschlichen Körpers zu umgehen. Die zweite Mutation soll für eine effizientere Verbreitung sorgen. Der indische Arzt Zarir Udwadia, der auch die Regierung berät, warnt: Indien befinde sich «im Würgegriff» einer Variante, welche die Fälle und Anzahl der Toten in die Höhe schnellen lasse. Diese Welle sei «viel ansteckender und wohl auch viel tödlicher als die erste Welle».

«Zwei 35-Jährige an Beatmungsgeräten verloren»

«Ich sehe, dass jüngere Patienten betroffen sind», so Udwadia am Dienstag in der BBC-Radiosendung «Today». «Vor einem Tag habe ich zwei 35-Jährige – ein Ehepaar – an Beatmungsgeräten verloren.» Udwadia beschreibt beängstigende Szenen von seinem Arbeitsplatz in Mumbai: Er sehe «eine Station nach der anderen voller Patienten, die um Luft ringen, an Sauerstoff und an Beatmungsgeräten hängen».

Für den Arzt hat «Selbstgefälligkeit» zu der aktuellen Krise geführt. «Wir haben unsere kollektive Wachsamkeit vernachlässigt», sagt Udwadia. Die Schuld dafür gibt er auch den Politikern und Eliten des Landes. «Anstatt zur Wachsamkeit aufgefordert zu werden, hörten wir selbstgefällige Siegeserklärungen.»

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Mehr Neuinfektionen als in den USA

Indien verzeichnet den sechsten Tag in Folge die weltweit höchste Anzahl an Corona-Neuinfektionen. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums vom Dienstag wurden in 24 Stunden 323'144 neue Fälle und 2771 Tote mit einer bestätigten Infektion gemeldet. Damit wird der Anfang Januar in den USA verzeichnete bisherige Tagesrekord von 300'310 neuen Fällen übertroffen. In der vergangenen Woche meldete Indien mit 2767 auch die seit Beginn der Epidemie höchste tägliche Zahl an Todesfällen in dem Land.

Der rapide Anstieg an Patienten sorgt für Überlastungen im Gesundheitssystem. Berichten zufolge führt auch der Mangel an medizinischem Sauerstoff und Krankenhausbetten zu Todesfällen. Ärzte in der Stadt Neu-Delhi beschreiben, wie Patienten in kritischem Zustand auf der Strasse sterben, weil es an Krankenhausbetten oder medizinischem Sauerstoff fehle. Der Mangel an Sauerstoff wird Medienberichten zufolge für 14 weitere Todesfälle in vier Bundesstaaten verantwortlich gemacht.

Neu auf der Quarantäneliste

Mehrere Länder haben Indien ihre Unterstützung zugesichert. Am Dienstagmorgen traf eine Lieferung medizinischer Hilfsgüter aus Grossbritannien ein, darunter 100 Beatmungsgeräte und 95 Sauerstoffkonzentratoren zur Anreicherung des Sauerstoffs aus der Umgebungsluft.

Eine Reihe von Ländern haben Flüge aus Indien ausgesetzt oder die Einreise aus dem Land stark eingeschränkt. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) erachtet die indische Virusvariante als gefährlich. Entsprechend wurde Indien am Montag von der Schweiz auf die Quarantäneliste gesetzt. (noo)

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