Deutscher Verteidigungsminister Pistorius gibt bekannt
Noch kriegt die Ukraine keine Leopard-Panzer

Deutschland hat sich auch an der Ramstein-Konferenz dagegen entschieden, Leopard-2-Panzer an die Ukraine zu senden. Und auch die USA stellen sich quer.
Publiziert: 20.01.2023 um 12:47 Uhr
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Aktualisiert: 21.01.2023 um 15:24 Uhr
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Monatlich findet auf der Ramstein-Airbase in Deutschland ein Treffen zur Unterstützung der Ukraine statt.
Foto: Getty Images
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Chiara SchlenzAusland-Redaktorin

Rund 50 Länder sind am Freitag auf der Ramstein-Airbase im deutschen Bundesland Rheinland-Pfalz zusammengekommen. Unter dem Vorsitz von US-Verteidigungsminister Lloyd Austin (69) wird hier zum achten Mal über zivile und militärische Hilfe für die Ukraine beraten.

Die Hoffnungen im Vorfeld waren gross. «Die Ukrainer erwarten vom Ramstein-Gipfel einen echten Durchbruch bei der Lieferung modernster Waffensysteme», sagte der frühere ukrainische Botschafter in Berlin und jetzige ukrainische Vize-Aussenminister, Andrij Melnyk (47), dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Namentlich: Die Lieferung von Leopard-2-Panzern aus deutscher Produktion.

Doch eine solche Entscheidung ist nicht gefallen – noch immer ziert sich Deutschland in Sachen Panzerlieferungen. «Es gibt gute Gründe für die Lieferung, es gibt gute Gründe dagegen», weicht der neue deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius (62) am Rande der Ramstein-Konferenz einer Begründung aus. Man könne heute noch nicht sagen, wie und wann eine Entscheidung dazu falle. Ganz vom Tisch seien die Lieferungen nicht, Pistorius lässt sogar den Bestand der «Leos» abklären – «für den Fall der Fälle».

Scholz versteckt sich hinter den USA

Noch am Mittwoch soll sich der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (64) in einem Gespräch mit dem US-Präsidenten Joe Biden (80) zu Lieferungen bereit gezeigt zu haben. Allerdings unter einer Bedingung, wie «Süddeutsche Zeitung» weiss: Die USA müssen Abrams-Panzer in die Ukraine schicken. «Panzer nur zusammen», soll Scholz laut «Bild» gesagt haben. Denn seine grösste Sorge scheint der «Panzer-Alleingang» zu sein.

Regierungssprecher Steffen Hebestreit (50) wies diese Berichte zurück, doch auch amerikanische Politiker wie der US-Kongressabgeordnete Seth Moulton (44) stellen fest: «Scholz will im Gleichschritt mit den USA sein.» Oder in den harten Worten von internationalen Politikexperten: Scholz versteckt sich hinter den USA und verhindert so die nötigen Panzer-Lieferungen. Von Zögern soll aber nicht die Rede sein, wie Pistorius am Freitag klarstellt: «Wir zögern nicht, wir sind nur vorsichtig.»

Auch das US-Verteidigungsministerium hat am Freitag erneut klargestellt, dass Deutschland nur allein über eine Lieferung von Panzern entscheiden könne. «Es ist ihre souveräne Entscheidung, welche Sicherheitsunterstützung sie bereitstellen werden», heisst es in einem Pressebriefing aus Washington. Zudem priorisiere auch Washington die Lieferung von Abrams-Panzern nicht. «Aufgrund der Wartung und der hohen Kosten, die für die Instandhaltung eines Abrams erforderlich wären, macht es im Moment einfach keinen Sinn, den Ukrainern so etwas zur Verfügung zu stellen», so das Pentagon.

Und: Je mehr unterschiedliche Panzer in die Ukraine geschickt werden, desto grösser wird auch das Logistikproblem. Ein weiteres Waffensystem wie die Abrams-Panzer würden eine ganz neue Logistikkette in der ukrainischen Armee erfordern. Auch in seiner Bilanz zur Konferenz erwähnt der US-Verteidigungsminister Austin die Leopard-2-Panzer mit keinem Wort. Erst auf Nachfrage verweist er auf die Ansage von Pistorius.

«
Kannst du Leoparden liefern oder nicht? Dann gib' sie her!
Wolodimir Selenski, Präsident der Ukraine
»

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg (63), hingegen erwartet in der «Leo»-Debatte weitere Entwicklungen. Zur Frage, ob Deutschland der europäischen Einigkeit schade, weil es bislang keine Leopard-2-Panzer liefert, sagte Stoltenberg: «Die Beratungen werden weitergehen.» Es sei seit Kriegsbeginn so, dass sich die Art der Unterstützung immer weiterentwickele.

Trotz der schlechten «Leo»-Nachrichten geht die Ramstein-Konferenz nicht ergebnislos zu Ende. So bereitet Deutschland die Lieferung von 40 Marder-Panzern vor. Zudem wolle man den Fokus in kommenden Lieferungen vor allem auf die Luftabwehr legen, unter anderem mit dem Abwehrsystem Patriot und dem Luftabwehrsystem Iris-T SLM mit Lenkflugkörpern.

Der bittere Beigeschmack der enttäuschten Hoffnungen bleibt allerdings. Die Worte von Ukraine-Präsident Wolodimir Selenski (44) in einem ARD-Interview von Donnerstagabend bleiben noch immer Realität. «Im Klartext: Kannst du Leoparden liefern oder nicht? Dann gib' sie her!»

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