Griechenland, Italien, Portugal und selbst im Wallis – Waldbrände halten die Einsatzkräfte in vielen Ländern Europas in diesem Sommer in Atem. Gleichzeitig richtet heftiger Hagelschlag in Norditalien massive Schäden an und ein Mega-Sturm verwüstet La Chaux-de-Fonds. In China und den USA werden derweil Hitzerekorde aufgestellt. Gefühlt spielt das Wetter gerade überall verrückt.
Aus welchen Gründen spielt uns das Wetter in diesem Jahr besonders übel mit? Und ist der Sommer 2023 wirklich schlimmer als andere Sommer? Stephan Bader von der Abteilung Klima des Bundesamts für Meteorologie und Klimatologie (Meteoschweiz) und der Meteorologe Michael Eichmann von Meteo News geben Antworten.
Ist der Sommer 2023 besonders abnormal?
Diese Frage lässt sich noch nicht abschliessend beantworten. «Wetter ist und war schon immer dynamisch und chaotisch», erklärt Michael Eichmann. Dass es hin und wieder Rekorde in die eine oder andere Richtung gebe, sei üblich.
Das Bundesamt und Stephan Bader reagieren auf die Frage zurückhaltend und möchten für die weltweite Wetter-Lage zum jetzigen Zeitpunkt keine Einschätzung abgeben. «Das übersteigt die Möglichkeiten von Meteoschweiz», heisst es auf Blick-Anfrage.
Welche Rolle spielt der Klimawandel?
Dass der Klimawandel eine Rolle beim turbulenten Sommer 2023 spielt, darin sind sich die Experten einig. «Der Klimawandel spielt vor allem eine entscheidende Rolle bei der zunehmenden Häufigkeit und Intensität von Hitzewellen», erläutert Klimatologe Bader. Der Klimawandel habe das Niveau der mittleren Sommertemperatur auf ein höheres Niveau verschoben. Die Folge sind «immer häufiger hohe Temperaturen», erklärt der Wissenschaftler.
«Dass sich das Klima in den vergangenen Jahrzehnten gewandelt hat, ist unbestritten – es wurde wärmer», pflichtet ihm Wetterexperte Eichmann bei. Bemerkenswert dabei ist allerdings, dass sich die Polarregionen stärker erwärmt haben als die tropischen Regionen. Die Folge laut Eichmann: Das Wetter hat sich entschleunigt. Wetterlagen bleiben länger «vor Ort» und verlängern dadurch Trockenphasen oder im umgekehrten Fall Phasen von unbeständigem Wetter.
Welche Rolle spielt El Niño?
Im südostasiatischen Raum herrscht derzeit El Niño vor. Die Warmphase über dem Pazifik tritt etwa alle zwei bis zehn Jahre auf. In Verbindung mit dem Klimawandel treibt die grossflächige Erwärmung des tropischen Pazifiks die globale Temperatur in die Höhe.
«Die Hitzeproblematik in den betroffenen Regionen wird dadurch verstärkt», so Bader. Und: «El-Niño-Ereignisse begünstigen Extremwetter in verschiedenen Weltregionen.» Allerdings sei der Einfluss auf Europa gering und lokal beschränkt. Heftiger erwischt es dagegen Teile von Südamerika, Südostasien und Australien.
Sind Schneefall in den Bergen und heftige Gewitter im Sommer normal?
«Sommerliche Schneefälle in den Schweizer Alpen sind grundsätzlich nichts Aussergewöhnliches», betont Bader. Gewitter, auch heftige, gehörten ebenfalls zum Sommerklima der Schweiz. Downbursts, wie in La Chaux-de-Fonds, seien ebenfalls kein neues Phänomen, ergänzt Eichmann.
Werden die Sommer mit der Zeit immer extremer?
Die sozialen Medien machen Extremereignisse näher erlebbar, darin sind sich beide Experten einig. So entsteht noch schneller der Eindruck, dass das Wetter überall verrückt spielt.
«Im zunehmend wärmer werdenden Sommer regnet es in der Summe zwar weniger, wenn es aber regnet, dann oft als Starkniederschlag», weiss Stephan Bader. Wetterkapriolen und Extremereignisse seien in den vergangenen Jahren immer häufiger aufgetreten, gibt Eichmann an. «Dieser Trend wird sich fortsetzen.»