Jetzt ist auch das Verhältnis zwischen Russland und Israel zerrüttet. Dies nachdem der russische Aussenminister Sergej Lawrow (72) in einem Interview mit dem italienischen TV-Sender Rete 4 empörende Aussagen gemacht hat.
Lawrow hatte als Grund für den Krieg erneut die «Entnazifizierung» der Ukraine erwähnt. Darauf wurde er gefragt, wie er das behaupten könne, nachdem der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski (44) doch Jude sei.
Lawrow antwortete darauf: «Na und, wenn Selenski Jude ist? Ich kann mich irren. Aber Adolf Hitler hatte auch jüdisches Blut. Das heisst überhaupt nichts. Das weise jüdische Volk sagt, dass die schlimmsten Antisemiten in der Regel Juden sind.»
Israel verlangt Entschuldigung
Israels Aussenminister Jair Lapid (58) sprach am Montag von einer «unverzeihlichen, skandalösen Äusserung, einem schrecklichen historischen Fehler – wir erwarten eine Entschuldigung». Lapid fügte hinzu: «Meinen Grossvater haben nicht Juden umgebracht, sondern Nazis.»
Er empfahl Lawrow, in ein Geschichtsbuch zu schauen. «Die Ukrainer sind keine Nazis. Nur die Nazis waren Nazis. Nur sie haben die systematische Vernichtung der Juden vorgenommen.»
Der Leiter der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem, Dani Dajan (66), nannte Lawrows Äusserungen «absurd, wahnhaft, gefährlich und verachtenswert». In einer Erklärung hiess es: «Lawrow propagiert die Umkehrung des Holocausts – er macht die Opfer zu Verbrechern, indem er die völlig unbegründete Behauptung aufstellt, Hitler sei jüdischer Abstammung gewesen.»
Seit Jahrzehnten gibt es unbewiesene Behauptungen, dass Hitlers nicht identifizierter Grossvater väterlicherseits Jude war, die durch eine Behauptung von Hitlers Anwalt Hans Frank genährt wurden.
Israel liefert keine Waffen
Israel pflegte bisher sowohl zur Ukraine als auch zu Russland gute Beziehungen und hat sich um eine Vermittlung zwischen den beiden Konfliktparteien bemüht. Nach offiziellen Angaben hat Israel in jüngster Zeit keine Waffen an die Ukraine geliefert, dafür Helme und kugelsichere Westen.
Für den russischen Präsidenten Wladimir Putin (69) spielt der Nationalsozialismus als Begründung für die Invasion in die Ukraine eine wichtige Rolle. Das geht auf den Zweiten Weltkrieg zurück: Die Sowjetunion verlor schätzungsweise 27 Millionen Menschen. Sie half mit, Nazideutschland zu besiegen.
Zwar erinnern in der Ukraine noch immer Strassen und ein Denkmal an den ukrainischen Nationalisten Stepan Bandera (1909–1959), der mit den Nazis gegen die sowjetische Armee gekämpft hatte und an der Ermordung von Juden beteiligt war. Die moderne Ukraine aber hat die nationalistischen Kräfte zurückgedrängt und verfügt über eine demokratisch gewählte Regierung mit einem jüdischen Präsidenten, dessen Verwandte im Holocaust getötet worden waren.