Handel und reines Gewissen – worüber am Gipfel in Glasgow wirklich diskutiert wird
Das Geschäft mit dem Klimaschutz

Alle reden von Klimaschutz. Doch beim Gipfel in Glasgow geht es oft nur um Eigeninteressen. Die Schweizer Delegation will sich für ein faires Vorgehen einsetzen.
Publiziert: 03.11.2021 um 18:41 Uhr
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Aktualisiert: 04.11.2021 um 15:02 Uhr
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Das Braunkohlekraftwerk Niederaussem in Nordrhein-Westfalen: Wer die Luft verpestet, muss bezahlen.
Foto: www.imago-images.de

Vom Pariser Klimaabkommen 2015 bleibt vor allem noch eine Zahl in Erinnerung: 1,5 Grad. Sie steht für den Temperaturanstieg, den man im Vergleich zur vorindustriellen Zeit um 1850 bis Ende des 21. Jahrhunderts maximal tolerieren will.

Am Klimagipfel in Glasgow, der bis 12. November dauert, wird nun darüber debattiert, wie man diesen Wert erreichen kann. Dazu braucht es nebst dem Willen vor allem eines: Alle müssen am gleichen Strang ziehen.

Doch einen gemeinsamen Nenner zu finden, ist gar nicht so einfach. Denn oft geht es den Regierungen weniger ums Klima, sondern ums Geschäft und um den Kauf eines reinen Gewissens – so etwa bei der Emissionskompensation und beim Emissionshandel.

Schweiz investiert in armen Ländern

Die Schweizer Delegation mit Bundespräsident Guy Parmelin (61), Umweltministerin Simonetta Sommaruga (61) und Finanzminister Ueli Maurer (70) ist nach Glasgow gereist, um sich für faire Bedingungen bei Emissionskompensationen einzusetzen.

Sie fordert, dass Emissionskompensationen, die ein Land mit Klimaschutzprojekten im Ausland erzielt, nicht doppelt angerechnet werden können. Bisher haben sich das oft sowohl Geber- als auch Empfängerland anrechnen lassen, was faktisch die Bestrebungen für den Klimaschutz halbiert.

Umstrittener Handel mit Zertifikaten

Auch der Emissionshandel ist ein umstrittenes Thema. Es ist ein Deal mit Zertifikaten, die ein Staat einem Unternehmen verkauft und die auch unter Firmen gehandelt werden können. Jedes Zertifikat entspricht dem Recht, eine Tonne CO2 auszustossen.

Wegen der raschen Entwicklung der sauberen Technologien und der Finanzkrise 2008 nahm die Nachfrage derart ab, dass es ein Überangebot an Zertifikaten gab. Die Folge: Der Preis eines Zertifikats sackte auf bis zu fünf Euro ab, obwohl die Umweltschäden pro Tonne CO2-Ausstoss zwischen 30 und 100 Euro betragen.

Weil die EU überschüssige Zertifikate aus dem Handel nehmen will, ist der Preis wieder angestiegen, liegt aber mit 15 bis 25 Euro immer noch unter dem von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) berechneten Minimum.

Den Zertifikatshandel gibt es weltweit. Nicht alle freuen sich über die steigenden Preise. So wollen Länder wie Brasilien, China und Australien weiter die sehr alten und sehr billigen Zertifikate aus dem bisherigen Klimaschutzhandel nutzen, schreibt die deutsche «Tageszeitung».

Grosse Teile der Klimabewegung lehnen solche Deals ab und bezeichnen sie als «Ablasshandel». Denn für sie gilt: Der beste Klimaschutz ist der, bei dem gar nicht erst Emissionen entstehen. (gf)

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