Gründung vor EU-Wahlen – Auch Hamas-Unterstützer unter den Kandidaten – Und in der Schweiz?
Erdogan-Partei will in Deutschland Einfluss nehmen

Kurz vor den EU-Wahlen wurde in Deutschland die Partei Dava gegründet. Sie ist ein Ableger von Erdogans AKP. Ihr Ziel: den Einfluss Ankaras in Berlin und Brüssel ausbauen.
Publiziert: 28.01.2024 um 13:00 Uhr
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Aktualisiert: 28.01.2024 um 14:01 Uhr
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Der türkische Präsident Erdogan ist Chef der AKP.
Foto: Anadolu via Getty Images

Im Vorfeld der Europawahl im Juni hat sich in Deutschland eine neue Partei formiert, die enge Verbindungen zur nationalistischen AKP (Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung) des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan (69) aufweist. Der deutsche Ableger dieser Bewegung trägt den Namen Dava, was Demokratische Allianz für Vielfalt und Aufbruch bedeutet.

Die Spitzenkandidaten, allesamt Männer, haben ihre politische Vergangenheit im Umfeld der AKP oder ihrer Vorfeldorganisationen. Laut Informationen der «Bild am Sonntag» zählt dazu der Hamburger Arzt Mustafa Yoldas (53), der im Bundesinnenministerium wegen seiner «Unterstützung der Hamas und ihr nahestehender Organisationen» bekannt ist.

Ebenfalls als Spitzenkandidat tritt der Arzt Ali Ihsan Ünlü aus Bad Eilsen in Niedersachsen auf, der Funktionär der türkischen Organisation Ditib ist. Der Solinger Anwalt Fatih Zingal (42), ehemals Mitglied der SPD, sowie Teyfik Özcan (42), Parteichef von Dava und ebenfalls ehemaliges SPD-Mitglied, komplettieren das Quartett.

Bis fünf Millionen wahlberechtigte Muslime?

Laut «Bild am Sonntag» gibt es heute 2,5 Millionen Muslime mit Wahlrecht in Deutschland und somit potenzielle Dava-Wähler. Nach der geplanten vereinfachten Einbürgerung ab April könnten weitere 2,5 Millionen dazukommen. Das Ziel von Dava ist, als Ableger des Nicht-EU-Lands Türkei im EU-Parlament Einfluss zu nehmen.

Die Partei setzt auf einfache Parolen, um Wähler anzuziehen, und thematisiert Alltagsdiskriminierung. Sie fordert, dass «Menschen mit ausländischen Wurzeln ihre Rechte in vollem Umfang zugesprochen bekommen». Sie setzt sich für eine «pragmatische sowie ideologiefreie Flüchtlingspolitik» ein.

Experte warnt

Für CDU-Innenexperte Christoph de Vries (49) ist hier eine klare Strategie erkennbar: «Muslime als Opfer einer rassistischen Mehrheitsgesellschaft darzustellen und sich als deren Interessenvertreter aufzuspielen.» Die Bundesregierung sollte diese Parteigründung «unter keinen Umständen auf die leichte Schulter nehmen», rät de Vries.

De Vries weiter: «Mit der Gründung der türkisch-islamistischen Partei Dava hat Präsident Erdogan neben Ditib nun einen weiteren Hebel in der Hand zur politischen Einflussnahme in Deutschland und wird versuchen, dieses neue Machtinstrument auch zu nutzen.»

Ob die Partei Erfolg haben wird, ist allerdings fraglich. Als 2017 die Allianz Deutscher Demokraten, die sich an türkisch-stämmige und muslimische Einwanderer richtete, antrat, holte sie lediglich 0,5 Prozent der Stimmen. In der Schweiz ist zurzeit laut türkischen Insidern keine Gründung der Dava geplant. (gf)

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