Wenn Personen unter Trümmern verschüttet werden, werden Muskeln und Blutgefässe an einigen Körperstellen abgeklemmt. Gelingt die Rettung, scheint das Schlimmste überstanden zu sein. Viele Opfer versterben allerdings Stunden oder Tage nach der Bergung – trotz medizinischer Versorgung. Mediziner sprechen vom sogenannten Bergungstod. Ein deutscher Fachmann erklärt gegenüber RTL, wie es dazu kommen kann.
Die Betroffenen litten in vielen Fällen an einer gequetschten Niere. Die sei aber nicht das eigentliche Problem, sondern das gequetschte Gewebe, welches zu einer tödlichen Niereninsuffizienz führe, erläutert TV-Arzt Christoph Specht (61). Das sei «typisch für Erdbebenopfer».
Die Quetschung hat unter den Trümmern Vorteile. So würden die durch die Quetschung entstehenden Stoffwechselprodukte nicht in den Organismus gelangen. Im Moment der Rettung ist das aber problematisch. Denn: «Bei der Rettung kommt es zu einem schnellen Wieder-Einstrom des Blutes», beschreibt Experte Specht. Das führe sehr schnell zu einem akuten Nierenversagen. «Das ist meistens auch nicht medizinisch durch eine Dialyse aufzufangen.»
Baby aus Trümmern geborgen
Oft hat der Bergungstod laut dem Arzt aber auch etwas mit der falschen Lagerung der teils stunden- oder tagelang eingeschlossenen Geretteten zu tun. Entscheidend ist, dass die durch Trümmer verletzten Personen im Liegen abtransportiert werden – auch wenn sie theoretisch laufen könnten. «Das ist ganz wichtig, denn dieser Wechsel von waagerecht zu aufrecht führt häufig zu unbeherrschbaren Herz-Rhythmus-Störungen», weiss Specht.
Specht nennt ausserdem ein grundsätzliches Problem: In Katastrophengebieten fehlt es in vielen Fällen an den nötigen medizinischen Mitteln, um eine korrekte Behandlung möglich zu machen. So seien Herz-Rhythmus-Störungen nach einem Erdbeben nicht immer behandelbar.
Eine Woche nach der Erdbeben-Katastrophe in der Türkei und Syrien steigt die Zahl der Toten noch immer. Am Sonntag wurde die Schwelle von 35'000 bestätigten Opfern überschritten. Die Uno befürchtet weitaus höhere Zahlen. Es gibt kaum noch Hoffnung, Überlebende unter den Trümmern zu finden. Trotzdem wurden am Wochenende immer wieder Menschen lebend gerettet – so ein sieben Monate altes Baby. (nad)