Israel steht unter Beschuss. Am Samstagmorgen erfolgten massive und überraschende Raketenangriffe aus dem Gazastreifen. Es ist der schwerste Angriff auf Israel seit einem halben Jahrhundert. Das Land befindet sich im Kriegszustand.
Doch es sind nicht bloss die Raketen, vor denen sich die israelische Bevölkerung fürchten muss. Denn neben den Todesopfern, die sich aktuell auf rund 600 belaufen, hat die Hamas auch Dutzende unschuldige Menschen als Geiseln genommen. Auch Kinder gehören zu den Vermissten.
Hamas-Kämpfer stürmten Musikfestival
Eine davon ist die deutsche Staatsbürgerin Shani Louk (22). Sie geriet am Samstagmorgen an einem Musikfestival in die Fänge der Hamas. Die Feierlichkeiten endeten abrupt, als plötzlich mehrere Hamas-Kämpfer auftauchten und Raketen und Schüsse in die Menge feuerten. Bilder, die wenig später in den sozialen Medien die Runde machten, lassen den Schluss zu, dass Louk wahrscheinlich nicht mehr am Leben ist.
Ebenfalls an dem Festival entführt wurde die 25-jährige Noa Argamani. Ein Video zeigt, wie sie auf dem Rücksitz eines Motorrads eines Hamas-Kämpfers sitzt und um ihr Leben fleht: «Töte mich nicht! Nein, nein, nein!» Ihr Freund kann jedoch nur hilflos zuschauen, wie sie mit den Bewaffneten davonrast. Seither fehlt von Noa jede Spur.
Auch Doron Asher (34) und ihre beiden Töchter Raz (5) und Aviv (3) wurden von Hamas-Kämpfern gefangen genommen. Wie es ihnen geht und ob sie überhaupt noch am Leben sind, ist nicht bekannt.
Hamas-Kämpfer locken Israeli gezielt in eine Falle
Offenbar gehen die Hamas-Kämpfer mit unverschämten Tricks vor, um israelische Zivilisten in die Falle zu locken. Berichten zufolge würden sie an Türen von Einwohnern klopfen, die eigentlich israelische Soldaten erwarten, um sie wegen der Luftschutzsirenen zu beruhigen.
Bevor sie wissen, wie ihnen geschieht, werden die Zivilisten mit vorgehaltener Waffe weggeschleppt. Auf Videos ist zu sehen, wie die Hamas-Kämpfer bei den Abführungen laut «Allahu akbar», also «Gott ist gross», skandieren.
Für Israelis, die in der Nähe des Gazastreifens wohnen, ist die aktuelle Situation eine Tortur. «Das war immer der Alptraum. Wir haben uns gesagt, dass die Terroristen eines Tages hierherkommen werden», sagt der Bewohner Jehan Berman zur «Daily Mail».
Er sei von den israelischen Behörden informiert worden, dass die Hamas seine 75-jährige Schwiegermutter, mehrere Freunde und deren Kinder entführt habe. Was genau mit ihnen geschehen ist und in welcher Verfassung sie sind, weiss Berman nicht. Er hat seither kein Lebenszeichen von den Entführten erhalten.
Entführungen als mögliches Druckmittel für Verhandlungen
Das brutale Vorgehen der Hamas erinnert an die Terroristen des IS, die ihre Geiseln ebenfalls in den sozialen Medien als Jagdbeute präsentierten und anschliessend hinrichteten.
Wie ein Hamas-Führer am Samstag andeutete, habe die radikalislamische Organisation aber nicht vor, die Geiseln zu töten. Viel eher wolle man sie als Druckmittel einsetzen, um die Freilassung ihrer eigenen Gefangenen in israelischen Gefängnissen zu erreichen.
Das könnte allerdings nicht der einzige Grund für die Entführungen sein. Gemäss «Foreign Policy» könnten die gefangenen Israeli sogar als menschliche Schutzschilde eingesetzt werden, um die israelische Luftwaffe daran zu hindern, bestimmte Ziele in die Luft zu jagen. (ced)