Auf einen Blick
- Nordkoreanische Soldaten kämpfen in Russland, greifen vermehrt zum Alkohol
- Kim Jong Un nennt Putin seinen «besten Freund und Kameraden»
- 11'000 Nordkoreaner an die Front beordert, Dutzende bereits gefallen
Rund 11'000 Nordkoreaner befinden sich plötzlich im Zentrum des grössten Konflikts auf europäischem Boden seit dem Zweiten Weltkrieg. Vom einen auf den anderen Tag wurden sie vom isoliertesten Land der Welt an die Front im Südwesten Russlands beordert – ohne Erfahrung mit modernen Waffensystemen oder russischen Kriegstaktiken. Laut Angaben von amerikanischen und ukrainischen Geheimdiensten fielen bei Operationen in der russischen Region Kursk bereits Hunderte junge Kämpfer.
Wie das US-Nachrichtenportal «Newsweek» unter Berufung auf den ukrainischen Militärgeheimdienst (HUR) berichtet, sei die Moral der nordkoreanischen Söldner mittlerweile auf einem Tiefpunkt angelangt.
Saufgelage während Silvesternacht
Das Institute for the Study of War (ISW) geht davon aus, dass russische Kommandanten die ausländischen Truppen ohne gepanzerte Unterstützung in den Kampf schicken. Weiter würden sie den Auftrag erhalten, als zu Fuss bewegende Einheiten, mehrgleisige Zermürbungsangriffe entlang schmaler Fronten durchzuführen. Nordkoreanischen Soldaten würden zwar «ständig» mit russischer Propaganda bombardiert, um die Bedeutung der Unterstützung Pjöngjangs für die Kriegsanstrengungen Moskaus zu verdeutlichen, «der Kampfgeist der Nordkoreaner ist jedoch stark gesunken», heisst es in dem Bericht.
Um der aussichtslosen Situation an der Front für einmal zu entfliehen, greifen die jungen Männer wohl häufiger zum Alkohol. Jüngstes Beispiel: Die Silvesternacht. In der Nacht vom 31. Dezember auf den 1. Januar sollen sich Kims Truppen im Kampfeinsatz massiv betrunken haben, heisst es in einem entsprechenden Telegram-Beitrag.
Bei Alkoholmissbrauch drohen drakonische Strafen
Die Angaben konnten nicht unabhängig überprüft werden. Eine entsprechende Anfrage von «Newsweek» beim russischen Verteidigungsministerium blieb unbeantwortet.
Dass die Soldaten aus Nordkorea im Ukrainekrieg wohl häufiger der Flasche verfallen, könnte in den kommenden Wochen für Probleme sorgen. Denn: Die russische Armee hat selbst schon länger Schwierigkeiten mit Alkoholmissbrauch. Es drohen drakonische Strafen, wenn Soldaten erwischt werden. So werden sie beispielsweise in eine spezielle Einheit versetzt, die an vorderster Front auf dem Schlachtfeld eingesetzt wird. Das sogenannte «Sturm-Z»-Bataillon hat eine sehr geringe Überlebensrate und gilt unter russischen Soldaten als besonders gefürchtet.
Putin ist Kims «bester Freund»
Kim selber scheinen die Verluste nicht besonders zu schmerzen. In einer Neujahresbotschaft nannte der 40-Jährige seinen Amtskollegen Wladimir Putin (72) «bester Freund und Kamerad.» Er wünsche «dem russischen Brudervolk und allen Angehörigen der tapferen russischen Streitkräfte herzliche Grüsse und beste Wünsche». Er hoffe, dass «das russische Volk den Neonazismus besiegen und einen grossartigen Sieg erlangen werden», sagte Kim in Anspielung auf den Ukrainekrieg.
«Für Nordkorea sind die Soldaten eine gute Möglichkeit, Geld zu verdienen», sagt Nordkorea-Experte Andrei Lankov, Direktor der Korea Risk Group, im Interview mit der BBC. Für jeden Soldaten erhalte Kim ungefähr 2000 Dollar pro Monat. Zudem bekommt Pjöngjang ein weiteres Geschenk: Den Zugang zu russischer Militärtechnologie, erklärt der Experte.