In der Nacht auf Freitag wurde Sam Bankman-Fried (31) in New York vom Geschworenengericht in allen Anklagepunkten schuldig gesprochen. Der Gründer der mittlerweile insolventen Kryptowährungsplattform FTX hat Kunden um Milliarden von Dollar betrogen und Investoren in die Irre geführt. Blick erzählt sein verrücktes Leben im Zeitraffer.
Der Aufstieg
Sam Bankman-Fried wurde als Krypto-Wunderkind gefeiert. Nach seinem Physik-Studium am renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT) führte ihn sein Berufsleben an die Wall Street, bevor er in die Kryptowelt eintaucht.
Der junge Kalifornier mit dem Unternehmergeist hatte im April 2019 FTX gegründet – eine Börse für den Handel mit Kryptowährungen. Bereits im Oktober 2017 hatte er Alameda Research, einen Krypto-Investmentfonds, aufgebaut. Mit Erfolg.
Sein Vermögen wurde zeitweise von Forbes und Bloomberg auf über 26 Milliarden Dollar geschätzt. Im Jahr 2021 landet er auf Platz 32 der Forbes-Liste der reichsten US-Amerikaner. Bankman-Fried, Spitzname «SBF», zierte Titelseiten von US-Wirtschaftsblättern.
Auf den Bahamas – dem Hauptsitz von FTX – wohnte er gemeinsam mit seiner damaligen Freundin Caroline Ellison (28) und weiteren Personen in einem Penthouse mit fünf Schlafzimmern. In dieser 40-Millionen-Dollar-WG soll das Paar wilde Sex-Partys gefeiert haben. Ellison selbst sprach in sozialen Netzwerken von einem «Harem».
Auch Drogen sollen im Spiel gewesen sein. «Es geht nichts über regelmässigen Amphetaminkonsum, um zu erkennen, wie dumm ein Grossteil der normalen, nicht medikamentösen menschlichen Erfahrung ist», twitterte die Freundin in der Vergangenheit.
Bankman-Fried ist Veganer und versteht sich als «effektiver Altruist». Dabei handelt es sich um eine Bewegung, die berechnet, wie sie anderen Menschen am effektivsten helfen kann. Die effektiven Altruisten schauen, wo ihre Zeit und ihr Geld am besten einzusetzen wären. Bankman-Fried sagte stets, er spende den grössten Teil seines Vermögens an wirksame Wohltätigkeitsorganisationen. Nach dem Zusammenbruch sprach er jedoch davon, dass dieses «Ethikzeug» nur ein «dummes Spiel der woken Westler» sei, bei dem man das Richtige sage, damit andere einen mögen.
Mehr zum Fall Bankman-Fried
Der Absturz
FTX entwickelt sich innerhalb von drei Jahren zur weltweit zweitgrössten Kryptobörse. Doch im November letzten Jahres wendet sich das Blatt und FTX geht pleite. Nachdem der Erzrivale Changpeng Zhao (46), Chef von Binance, verkündet hatte, sämtliche Token von FTX zu verkaufen – wegen «jüngsten Enthüllungen». Bankman-Fried versucht zunächst, sein Imperium zu retten, doch scheitert kläglich. Kunden ziehen Gelder von der Börse ab. Am 11. November tritt er zurück und beantragt Insolvenz für den Konzern.
Dann kommt raus, dass FTX Kundengelder nutzte, um Alameda Research zu stützen. Der mit FTX verbandelte Hedgefonds war davor in die roten Zahlen gerutscht. Die Rede war von zehn Milliarden Dollar, die der FTX-CEO veruntreut haben soll.
Andere ehemalige FTX-Topmanager haben sich schuldig bekannt und den Konzerngründer schwer belastet. Er selbst streitet bis heute sämtliche Vorwürfe ab: «Ich habe nichts gestohlen, und ich habe bestimmt keine Milliarden versteckt.»
Am 12. Dezember klickten dennoch die Handschellen. Die US-Justizbehörden haben Anklage wegen Finanzbetrugs und Geldwäsche erhoben. Der junge Amerikaner wurde auf den Bahamas verhaftet und später in seine Heimat ausgeliefert.
Hinter Gitter musste er zunächst nicht. Er kam für umgerechnet 219 Millionen Franken auf Kaution frei. Fortan stand er im Haus seiner Eltern im Bundesstaat Kalifornien unter Hausarrest. Im August hiess es: Bankman-Fried muss erneut in die U-Haft. Die Staatsanwaltschaft hatte argumentiert, er habe gegen die Auflagen seiner Kaution verstossen und Zeugen beeinflusst.
Der Verrat
Caroline Ellison, Bankman-Frieds Freundin, war CEO von Alameda Research. Die hochbegabte Frau soll bereits im Alter von acht Jahren eine wissenschaftliche Arbeit verfasst und ihrem Vater gegeben haben. Im Zuge der Krypto-Affäre hatte sie sich schuldig bekannt und Bankman-Fried angeschwärzt. Alameda investierte mutmasslich FTX-Kundengelder in Kryptounternehmen – ohne, dass die Anlegerinnen und Anleger davon gewusst haben sollen.
Bankman-Fried wiederum schiebt seiner Ex die Schuld in die Schuhe. Alameda habe es versäumt, sich ausreichend gegen das Risiko eines extremen Marktabsturzes abzusichern. Als das Schwesterunternehmen ins Schlingern kam, habe es FTX mitgezogen.
Die Eltern
Bankman-Frieds Eltern Barbara Fried (71) und Joseph Bankman (68) sind beide Professoren an der juristischen Fakultät der renommierten Stanford University. Bei ihnen zu Hause musste der Sohn nach der Freilassung auf Kaution auf den Prozess warten. Wie die «FAZ» schreibt, galten die beiden lange als besorgte Eltern, dessen Kind auf die schiefe Bahn geriet. Mittlerweile stehen sie selbst im Verdacht, bei der Finanzaffäre mitgewirkt zu haben.
FTX, nach dem Zusammenbruch von Insolvenzverwalter John Ray III übernommen, hat die Eltern letzten Monat verklagt. Der Sohn soll die Firmengelder unter anderem zu ihren Gunsten veruntreut haben. Die Rede ist von Geschenken in Millionenhöhe sowie einer 16 Millionen Dollar teuren Villa auf den Bahamas. Zudem soll ein Teil der FTX-Gelder in eine politisch linke Organisation gesteckt worden sein, die Barbara Fried gegründet hatte.
Der Sohn selbst beteuert, dass seine Eltern nicht in die Geschäfte involviert gewesen seien.
Der Prozess
Nun kommt der Prozess in New York ans Ende. Bankman-Fried ist in mehreren Punkten schuldig gesprochen. Darunter Betrug, Geldwäsche und Veruntreuung von Kundengeldern. Zudem hat er gegen Gesetze zur Wahlkampffinanzierung verstossen. Ermittlern zufolge habe er 2022 mehr als 100 Millionen Dollar für Wahlkampf-Spenden ausgegeben. Das Verfahren lief von Anfang an gegen ihn, nachdem sich drei seiner ehemaligen engen Freunde und Kollegen, darunter seine Ex-Freundin Ellison, schuldig bekannt und sich bereit erklärt hatten, gegen ihn auszusagen.
Das Strafmass gegen Bankman-Fried, der Berufung gegen das Urteil einlegen dürfte, soll nach einer Anhörung Ende März 2024 verkündet werden. Ihm drohen bis zu 110 Jahre Haft! Er selbst hatte auf «nicht schuldig» plädiert und behauptete bis zum Schluss, in gutem Glauben gehandelt zu haben.