Putins Blitzkrieg gilt als gescheitert. Die russische Armee trifft in der Ukraine auf deutlich mehr Widerstand als erwartet, der Vormarsch stockt an mehreren Fronten. Gleichzeitig gibt es kaum Hinweise darauf, dass der russische Präsident seinen Angriff auf das Nachbarland bald stoppen würde.
Im Gegenteil: Analysten rechnen damit, dass Wladimir Putin (69) eine neue Grossoffensive vorbereitet. Der österreichische Militär- und Osteuropaexperte Gustav Gressel (42) vom European Council on Foreign Relations geht davon aus, dass Russland Mitte April eine neue Angriffswelle lancieren wird. «Der 1. April ist ein grosser Einrückungstermin in der russischen Armee», sagt Gressel zum «Spiegel». Daher geht der Experte auch davon aus, dass Putin danach mit neuen Kräften versuchen werde, die Ukraine einzunehmen.
Gezielte Angriffe auf Städte
In der Zwischenzeit werde Russland nach seiner Einschätzung versuchen, den Gegner mürbe zu machen. «Dies geschieht durch gezielte Angriffe auf Städte und zivile Infrastruktur – also auf Ziele, die den Ukrainern lieb und wert sind», erklärt Gressel.
Das geschieht gerade zum Beispiel in Mariupol. Die Stadt ist seit Wochen von jeglicher Versorgung abgeschnitten und wird heftig beschossen. Nach Angaben der Stadtverwaltung wurden Patienten im Keller des grössten Spitals der Stadt bei Kerzenlicht behandelt, um Treibstoff zu sparen. Nach Angaben der ukrainischen Regierung sitzen noch rund 100'000 Menschen in der weitgehend zerstörten Stadt fest.
Russische Armee konzentriert sich auf Luhansk und Donezk
Durch den ukrainischen Widerstand war der Vormarsch der russischen Truppen zuletzt an vielen Stellen gestoppt worden, nach ukrainischen Angaben konnten die Angreifer rund um die Hauptstadt Kiew sogar zurückgedrängt werden. Der Beschuss zahlreicher Städte wurde aber fortgesetzt.
Laut einem Vertreter des US-Verteidigungsministeriums konzentriert sich die russische Armee inzwischen verstärkt auf die Separatistengebiete Luhansk und Donezk im Osten des Landes. Demnach verfolgt das russische Militär offenbar die Strategie, die entlang der früheren Frontlinie in der Ostukraine stationierten ukrainischen Streitkräfte zu «binden», damit sie «nicht anderswo eingesetzt werden können». (sst)