Seit rund einem Monat attackiert Russland die Ukraine. Das Land steht unter heftigem Beschuss. Bislang begrenzt sich die Attacke aber auf das ukrainische Staatsgebiet.
Nun aber gibt es Hinweise, dass Russlands Präsident Wladimir Putin (69) auch zum Angriff auf die Nato-Staaten blasen könnte. Das sagt Christo Grozev (52), Russland-Spezialist der Rechercheplattform Bellingcat, in einem Interview mit dem «Tages-Anzeiger».
Putin habe keine mentale Barriere mehr, auch ein Nato-Mitgliedsland anzugreifen, sagt Grozev. Am wahrscheinlichsten sei derzeit ein Angriff auf Polen. Putin habe Polen schon immer «für das Böse schlechthin» gehalten.
Einsatz von Atomwaffen nicht ausgeschlossen
Grozev stützt sich bei seinen Erkenntnissen auf die Hinweise von Informanten. Aufgrund ihrer Aussagen wisse er, dass es sich um ehemalige oder aktuelle Mitarbeiter des russischen Geheimdienstes handle. Mehrere Warnungen der Informanten hätten sich in der Vergangenheit als korrekt herausgestellt. So habe eine Quelle den Angriff auf die Ukraine vorausgesagt, auch die unzähligen Verhaftungen von Journalisten seien ihm von den Informanten angekündigt worden.
Auch den Einsatz von Atomwaffen schliessen seine Informanten nicht mehr aus. Wenn Putin den Krieg nicht mit konventionellen Waffen gewinnen könne, werde er zu Massenvernichtungswaffen greifen, so Grozev. Nun habe er von den Informanten Hinweise erhalten, dass der Einsatz taktischer Atomwaffen auf einmal «sehr realistisch» sei. Das sei «sehr beängstigend», denn ein Nuklearschlag könne auch andere Länder als die Ukraine treffen.
Kann sich Putin an der Macht halten?
Sollte diese Information tatsächlich stimmen, halte sich der russische Präsident wohl auch nicht mehr im Kreml auf, sondern sei in einem geheimen Bunker untergebracht. In den vergangenen Tagen seien «auffallend viele Flüge» von Moskau in die Stadt Ufa aufgezeichnet worden. Die Piloten hätten anschliessend die Transponder ausgeschaltet und seien so vom Radar verschwunden. «Vermutlich liegt der Bunker irgendwo dort in der Gegend.»
Ein Ende des Krieges ist für Grozev trotz hoher russischer Verluste noch nicht in Sicht. Putin müsse den Krieg weiterführen. «Alles andere als ein Sieg wäre sein Untergang», so der Experte. Da inzwischen aber eine Niederlage in der Ukraine drohe, sei es unklar, ob sich Putin an der Macht halten könne. Deshalb würden die mächtigen Köpfe im Sicherheitsapparat erst einmal abwarten. Die Hoffnung sei, so Grozev, dass dies auch für jene Generäle gelte, die einen Atomschlag ausführen müssten. (zis)