Die hochgradig ansteckende Delta-Coronavirus-Variante breitet sich auch in Ländern mit hoher Durchimpfung aus. Die Variante beherbergt mehr als ein Dutzend Mutationen, die auch zu Impfstoffflucht führen. Sogenannte «vaccine escape» liegt vor, wenn sich das Virus ändert, sodass es der vollen Wirkung des Impfstoffs ausweicht und sich schneller von Mensch zu Mensch ausbreitet.
Der zuerst in Indien identifizierte Virusstamm B.1.617.2 verbreitet sich rund doppelt so schnell wie die zuvor vorherrschende Alpha-Variante. Bereits Alpha war etwa 50 Prozent ansteckender als der ursprüngliche Covid-19-Wildtyp. Delta wurde erstmals im Oktober 2020 im indischen Bundesstaat Maharashtra beschrieben und verbreitet sich seitdem stark über die ganze Welt aus.
Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) schreibt auf seiner Covid-19-Webseite, die Delta-Virusvariante gelte «seit Anfang Mai 2021 als besorgniserregend, da eine erhöhte Ansteckungsgefahr, ein erhöhtes Risiko einer erneuten Infektion und eine reduzierte Wirksamkeit einer Covid-19-Impfung vermutet werden». Laut BAG-Daten hat Delta im letzten erhobenen 7-Tage-Schnitt um 28,4 Prozent zugelegt. In ihrem jüngsten Bericht schreiben die Forscher der Covid-19 Taskforce des Bundes zudem, die Delta-Variante könnte mit Superspreader-Events eine erneute Corona-Welle auslösen.
«Delta ist fitter und schneller»
«Es scheint, dass die Delta-Variante fitter und schneller ist, da sie mehrere Mutationen erworben hat, die ihr die Fähigkeit zu geben scheinen, unser Immunsystem zu überlisten und ihr einen Vorteil gegenüber anderen Virusstämmen zu verschaffen.» Dies erklärt die US-Epidemiologin Ravina Kullar, Spezialistin für Infektionskrankheiten an der David Geffen School of Medicine in Los Angeles.
Dass ein zirkulierendes Coronavirus mutiert, ist ganz normal. Delta weist mehrere Mutationen auf, die das Virus effektiver machen. Die genauen Funktionen der Delta-Mutationen sind wissenschaftlich zwar noch immer nicht klar erforscht. Bekannt ist lediglich, dass die Mutationen dem Virus erlauben, sich einfacher an die Zellen der Menschen zu binden und einigen Immunreaktionen zu entgehen.
Neben Delta gibt es noch die Delta-Plus-Variante mit dem Kürzel AY.1. Diese bislang kaum verbreitete Variante gilt als noch übertragbarer und resistenter gegen bisher zugelassene Impfstoffe, wie Deepti Gurdasani ausführt, klinische Epidemiologin an der Queen Mary University of London. Gurdasani geht von einer verdreifachten Übertragungswahrscheinlichkeit von Delta gegenüber dem ursprünglichen Virusstamm aus.
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Hoher Impfschutz gegen Delta
Laut einer in der Fachzeitschrift «The Lancet» veröffentlichten Studie, die sich auf britische Patientendaten stützt, deutet Delta eher auf einen schwereren als auf einen leichteren Krankheitsverlauf hin. Das Risiko einer Hospitalisierung nach einer Delta-Infektion liege ungefähr doppelt so hoch wie nach einer Infektion mit der Alpha-Variante.
Während das Ansteckungsrisiko vergleichsweise hoch scheint, ist das bisherige Sterberisiko in Grossbritannien bislang eher gering. Es wird vermutet, dass dies mit der grossen Durchimpfung der Bevölkerung zusammenhängt – und nicht damit, dass durch Delta verursachte Krankheitsverläufe grundsätzlich leichter wären. Doch auch bei doppelt geimpften Personen kann es zu schweren Verläufen bis hin zum Tod kommen, wie neue Zahlen aus Grossbritannien zeigen. Nach einer Delta-Infektion wurden bisher 117 Todesfälle registriert. 50 der Toten waren vollständig geimpfte Personen.
Mittlerweile verursacht Delta mehr als 90 Prozent aller Neuinfektionen in Grossbritannien. Die Impfung bleibt trotz alledem das beste Gegenmittel gegen Corona. Der in der Schweiz verwendeten mRNA-Impfstoff von Pfizer/Biontech wirkt laut einer israelischen Studie mit 60 bis 80 Prozent gegen die Delta-Variante. Anfang des Jahres lag der Impfschutz gegen die damals vorherrschende Alpha-Variante laut Pfizer/Biontech-Daten bei rund 93 Prozent. (kes)