Am Samstagmorgen ging die russische Krim-Brücke in Flammen auf. Wer den Anschlag auf die Bahnbrücke zwischen dem russischen Festland und der von Russland besetzten Schwarzmeer-Halbinsel Krim verübt hat, ist nach wie vor nicht offiziell geklärt.
Mit dem süffisanten Kommentar «die Brücke brennt wunderschön im Sonnenaufgang», liess der ukrainische Inlandsgeheimdienst (SBU) jedoch durchblicken, an der lichterloh brennende Krim-Brücke nicht ganz unschuldig zu sein. Auch Wladimir Putin (70) beschuldigt die Ukraine und spricht dabei von einem «Terrorangriff». Am Mittwoch hat der russische Inlandsgeheimdienst FSB mitgeteilt, dass acht Personen verhaftet wurden. Der Kopf hinter der Aktion soll dem FSB zufolge der ukrainische Geheimdienstchef Kirill Budanow gewesen sein.
Spekuliert wird nicht nur wer, sondern auch wie der Angriff durchgeführt wurde. Der russische Geheimdienst hält an der Theorie fest, dass die Explosion durch eine Bombe in einem Lastwagen ausgelöst wurde und veröffentlicht am Mittwoch neue Details zur LKW-Fahrt. Nach Anagaben des FSB soll die Bombe in eine Baufolie eingewickelt und von der Ukraine über vier Grenzen bis nach Russland geschmuggelt worden sein.
Der LKW hätte zu Putins Geburtstag auf der Brücke sein können
Auch russische Medien berichten nun über mögliche Hergänge der Tat, wobei sie dabei grundsätzlich an der FSB-Theorie festhalten. Gemäss dem Telegram-Kanal Baza soll der Russe Machir J.* (†51) den LKW gefahren haben. Er soll am Donnerstag, zwei Tage vor der Explosion, den Auftrag erhalten haben, Ersatzteile von Armawir im Süden Russlands nach Simferopol – in Krims Hauptstadt – zu transportieren. Rund 48'000 Rubel (umgerechnet 740 Schweizer Franken) hätte der Russe bei dem Einsatz verdient.
Wie diverse Medien berichten, soll J. am Freitagmorgen die Ladung abgeholt haben, um sie dann in die rund 660 Kilometer entfernte Hauptstadt zu bringen. Noch am selben Tag – pünktlich zu Wladimir Putins (70) Geburtstag – hätte der LKW-Fahrer auf der Krim-Brücke sein können.
Doch statt direkt ans Ziel zu fahren, hielt der Russe einige Kilometer vor der Brücke an, um zu schlafen. Wie Baza berichtet, habe der Fahrer am Abend seine Familie angerufen und gesagt, dass er da übernachte. Dann habe er sein Telefon ausgeschaltet. Erst am nächsten Morgen, als J. wieder losfuhr, kam es zur massiven Explosion.
Der Verdacht liegt deshalb nah, dass der Anschlag bereits am Freitag – dem 70. Geburtstag von Wladimir Putin – hätte stattfinden sollen.
Das sind die Todesopfer der Krim-Brücke
Neben Machir J. sind vier weitere russische Zivilisten am Samstag ums Leben gekommen. Wie russische Medien berichten, handelt es sich dabei um Fahrer und Insassen eines Cadillac- und eines Mitsubishi-Fahrzeuges.
Bisher konnte man im Meer jedoch lediglich die Leichen einer Frau und zweier Männer lokalisieren. Unter ihnen befindet sich ein Ehepaar aus St. Petersburg, wie das News-Portal Fontanka schreibt. Eduard C.* (†53) und Soja S. (†33) waren in der Stadt bekannte Touristenführer. Auf Youtube posteten die geschichtsinteressierten Blogger zudem regelmässig entsprechende Videos. Der russischen Agentur Ria Novosti zufolge waren die Reiseleiter gerade auf dem Weg auf die Krim, um einen Film über die Zarenfamilie Romanow zu drehen.
Wie russische Oppositionspolitiker auf Twitter melden, soll der Mann äusserst Kreml-kritische Ansichten vertreten haben. Darauf liesse sein Profil in den sozialen Medien schliessen. Er folgte dort sämtlichen unabhängigen und oppositionellen Medien.
Beim Besitzer des Cadillacs soll es sich um Sergej M.* (†42), einem Schiedsrichter aus Moskau handeln, berichtet die Journalistin Xenia Sobtschak (40).
Das fünfte Todesopfer, die den Anschlag forderte, ist ihrem Telegram-Kanal zufolge Gleb O.* (†26), ein Fitnesstrainer und Massagetherapeut aus Moskau. Er soll auf dem Weg zu seinen Eltern gewesen sein.
Massive Staus nach dem Anschlag
Trotz der massiven Schäden habe sich die Krim-Verwaltung Berichten zufolge bemüht, den Verkehr auf der Brücke rasch wiederherzustellen. Wie der von Russland unterstützte Regionalchef, Sergej Aksjonow (49), auf Telegram mitteilte, soll der Bahnverkehr bereits am Samstagabend wieder aufgenommen worden sein.
Der Autoverkehr dagegen musste vorerst auf den unbeschädigten Teil der Brücke verlagert werden, was zu einem Stau führte.
Am Sonntag konnten dann Autos die Brücke bereits wieder überqueren. Lediglich LKWs, Busse und weitere schwere Fahrzeuge mussten auf eine kostenlose Fähre ausweichen. Wie die «Moscow Times» am Montag berichtete, kam es jedoch trotz schneller Wiedereröffnung der Brücke zu massiven Staus auf beiden Seiten. Russischen Medienberichten zufolge hat die Wartezeit teilweise bis zu zwölf Stunden betragen. Auch auf Twitter kursierten Aufnahmen, die die Blechlawinen vor, nach oder auf der Krim-Brücke zeigten. Mittlerweile rollt der Verkehr wieder besser.
* Namen bekannt