Auf einen Blick
- Trump ändert Kurs in US-Aussenpolitik und Wirtschaftspolitik ständig
- Experte sieht Trumps Zoll-Drohungen als Verhandlungstaktik für Konzessionen
- Trumps Zoll-Politik verursachte Abrutschen der Börsenkurse und Verteuerung von Importwaren
Es ist aktuell nicht einfach, den Entwicklungen in der US-Aussenpolitik zu folgen. US-Präsident Donald Trump (78) scheint seinen Kurs ständig zu ändern. Erst demütigt er den ukrainischen Präsidenten und lässt ihn aus dem Haus schmeissen, dann lobt er Selenski (47) wieder und geht auf Konfrontation mit Putin. Auch in Trumps Wirtschaftspolitik ist keine Konstanz zu erkennen. Erst erhebt er Zölle gegen Mexiko und Kanada, dann ruderte er wieder zurück und gewährte beiden einen einmonatigen Aufschub. Vom Tisch sind sie damit aber noch lange nicht. Was verfolgt der Republikaner damit? Handelt es sich um Launen des US-Präsidenten oder verfolgt Trump eine politische Strategie? Blick hat beim Ökonomen Stefan Legge von der Universität St. Gallen nachgefragt.
Blick: Herr Legge, nach den ersten Entscheidungen Trumps, Zölle gegen Mexiko und Kanada zu erheben, rudert er nun wieder zurück. Wie schätzen Sie die jüngsten Entscheidungen des US-Präsidenten ein? Laune oder politisches Kalkül?
Stefan Legge: Donald Trump mag mitunter emotional agieren, aber er ist vor allem gross geworden im New Yorker Immobilienmarkt. Da weht ein rauer Wind und man ist es gewohnt, jeden Vorteil mehr oder minder rücksichtslos auszuspielen. Insofern hat er als Politiker rasch erkannt, wie abhängig Kanada und Mexiko vom Zugang zum amerikanischen Markt sind. Und das will er nun für allerlei Konzessionen ausnutzen. Er droht mit hohen Zöllen und pausiert sie nach Zugeständnissen lediglich für einen Monat. Damit erpresst er die Nachbarländer in gewisser Hinsicht.
Dass Trump ein «Dealmaker» ist, ist inzwischen allseits bekannt. Diese Politik verfolgte er ja bereits in seiner ersten Amtszeit. Also nichts Neues. Kann er damit wirklich noch punkten? Immerhin hatte Kanada schon angekündigt, nicht auf das Spielchen eingehen zu wollen. Wie schätzen Sie als Ökonom das Zickzack-Spiel Trumps ein?
Das Zickzack ergibt sich dadurch, dass Kanada und Mexiko freilich nur begrenzt viele Zugeständnisse machen. Es ist letztlich eine Verhandlung, allerdings auf höchst ungewöhnliche Art. Trump mag kurzfristig einige Konzessionen erwirken, aber er untergräbt massiv das Vertrauen wichtiger Partner in die USA. Das zeigt aber eben auch, dass man Geo- und Handelspolitik nicht mit demselben Mindset angehen sollte wie Verhandlungen im New Yorker Immobilienmarkt.
Stefan Legge ist Dozent für Volkswirtschaftslehre und Wirtschaftspädagogik. An der Universität St. Gallen leitet er die Abteilung Steuer- und Handelspolitik. Zudem ist er Vizedirektor des Institute for Law & Economics.
Stefan Legge ist Dozent für Volkswirtschaftslehre und Wirtschaftspädagogik. An der Universität St. Gallen leitet er die Abteilung Steuer- und Handelspolitik. Zudem ist er Vizedirektor des Institute for Law & Economics.
Angesichts der angekündigten Zölle gegenüber der EU könnte man sich jetzt natürlich fragen: Muss man die Drohungen überhaupt noch ernst nehmen?
Man muss die Drohungen sehr ernst nehmen. Vor allem aber muss man sich genau überlegen, wie man am besten reagiert. Schmeichelt man Trump, macht man ihm Konzessionen oder droht gar mit Gegenmassnahmen? Hierbei gilt es, neben den wirtschaftlichen, auch die sicherheitspolitischen Aspekte zu berücksichtigen. Europa ist keineswegs in einer vorteilhaften Position: Die Wirtschaft stagniert und die Sicherheit hängt stark von der amerikanischen Unterstützung ab.
Trump hatte durch seine Zoll-Politik zuletzt ein Abrutschen der Börsenkurse verursacht. Auch die Tech-Branche blieb nicht verschont. Experten sehen zudem eine Verteuerung von Importwaren und den Anstieg der Inflation als Gefahr für die USA. Macht sich Trump gerade «Feinde» im eigenen Land mit seiner Politik?
Auch für Donald Trump gelten die Gesetze des Marktes. Seine Zoll-Politik schadet den heimischen Firmen und verteuert die Konsumgüter. Auf diese Entwicklungen angesprochen hat er argumentiert, dass die Kosten kurzfristiger Natur seien und Amerika langfristig von seiner Politik profitiert.
Wie sehen Sie die aktuellen Entwicklungen im sogenannten Handelskrieg? Auf was müssen wir uns auch hier in der Schweiz noch einstellen?
Die Gewichte verschieben sich aktuell sehr stark in der Welt. Die Schweiz als kleine offene Volkswirtschaft muss diese Entwicklungen genau beobachten und flexibel reagieren. Ein gutes Verhältnis zu den grossen Handelspartnern – China, Europa, USA – ist sehr wichtig für den hiesigen Wohlstand.