Auf einen Blick
- Ukraine sucht Verstärkung im Ausland, neue Kampfeinheit in Polen formiert sich
- Freiwilligen-Legion mit modernen Waffen ausgestattet und von NATO-Offizieren ausgebildet
- 1300 in Polen lebende Ukrainer haben sich für die Einheit gemeldet
Der Ukraine gehen die Soldaten aus. Um die ausgedünnten Reihen wieder aufzufüllen, sucht Kiew auch im Ausland händeringend nach Verstärkung. Nun formiert sich in Polen ein neuer ukrainischer Kampfverband. Und die Hoffnungen sind riesig: Die Legion soll die Wende an der Donbass-Front erzwingen. 1300 in Polen lebende Ukrainer haben sich freiwillig für die Einheit angemeldet. Das berichtet die «NZZ».
Kiew drängte demnach seit langem darauf, wehrpflichtige Ukrainer aus Polen auszuweisen. Doch Kriegsflüchtlinge geniessen einen EU-weiten Schutzstatus, den Polen nicht einfach aushebeln kann. Zudem ist die polnische Wirtschaft auf ukrainisches Personal angewiesen. Beinahe eine halbe Million Ukrainer arbeiten in dem Land.
Erstes Rekrutierungszentrum im Ausland
Also einigten sich die zwei Länder Mitte 2024 auf einen Kompromiss: Eine Freiwilligen-Legion wurde geschaffen, ausgestattet von Polen mit modernen Waffen und ausgebildet von erfahrenen polnischen und litauischen Nato-Offizieren.
Doch die Erfahrungen mit im Ausland ausgebildeten Einheiten sind in der Ukraine durchwachsen. So kam es Ende 2024 zu einem Skandal in der 155. Brigade, deren Ausbildung teilweise in Frankreich und Polen stattfand. Ein Drittel der Soldaten desertierte bereits, bevor sie sich in den ersten Kampfhandlungen befanden.
200 weitere türmten an der Front. Schuld waren eine chaotische Rekrutierung und Ausbildung sowie eine schlechte Organisation mitsamt inkompetenten Kommandanten, wie die «NZZ» weiter berichtet. Das Vertrauen in Selenski und die militärische Führung wurde dadurch nachhaltig erschüttert.
Erste Einheit bereits in der Ukraine
Kritische Stimmen sehen in der ukrainischen Freiwilligen-Legion vor allem ein PR-Projekt. Für Kiew soll es den Personalmangel kaschieren, für Warschau die Unterstützung für die Ukraine demonstrieren. Trotzdem könnten einige Tausend zusätzliche Soldaten an der Donbass-Front einen Unterschied machen.
Die erste Gruppe wurde bereits Ende Dezember 2024 in die Ukraine verschoben. Nach ihrem Fronteinsatz dürfen diese Soldaten wieder nach Polen zurückreisen, obwohl die Ausreise von Männern zwischen 18 und 60 Jahren in der Ukraine verboten ist.
Derweil fordert Polen, dass andere EU-Länder weitere Kampfverbände ausbilden. Bisher zeigt jedoch nur Tschechien Interesse. Ob die rund 300'000 ukrainischen Kriegsflüchtlinge in der Tschechischen Republik einen ähnlich starken Kampfverband entwickeln können, ist jedoch fraglich.