Auf einen Blick
- Die Ukraine überraschte mit Einmarsch in Russland, was die Moral des Feindes pushte
- Doch die Soldaten sind ausgelaugt durch den unermüdlichen russischen Beschuss
- Die Ukraine hat 40 Prozent der besetzten Gebiete in Kursk wieder verloren
Mit der Eröffnung einer neuen Front vor vier Monaten, dem Einmarsch in Russland und der Besetzung von Gebieten in der Region Kursk überraschte die Ukraine nicht nur ihre westlichen Verbündeten – sie pushte auch die Moral im angegriffenen Land.
Die Russen, überrascht von der militärischen Aktion, konnten den Vormarsch nicht verhindern, immer weiter drangen ukrainische Soldaten auf feindliches Territorium vor. Man wollte sich bei möglichen Verhandlungen ein Druckmittel gegen den Aggressor sichern. Schliesslich lancierte der Kreml im September den Gegenangriff, weitere folgten. Wie die Nachrichtenagentur Reuters am 23. November berichtete, hat die Ukraine dadurch rund 40 Prozent der zuvor besetzten Gebiete in der Oblast Kursk wieder verloren.
Russische Grossoffensive könnte bevorstehen
Laut Oleksandr Kovalenko, einem ukrainischen Militär- und Politikanalysten, könnte Russland im Dezember nun einen grösseren Vorstoss unternehmen. Dies mit dem Ziel, das gesamte Gebiet zurückzuerobern, bevor der designierte US-Präsident Donald Trump (78) im Januar 2025 sein Amt antreten wird.
Ob die ukrainischen Truppen die verbleibenden eroberten Gebiete noch lange halten können, ist höchst fraglich. Stimmen von der Front zeichnen ein düsteres Bild von der Situation im Westen von Russland. «Ich bin mir zu 100 Prozent sicher, dass sie uns vertreiben werden», sagt ein Elitesoldat dem «Kyiv Independent».
Unermüdlicher Beschuss
Die garstigen Wetterbedingungen, Temperaturen permanent unter dem Gefrierpunkt, und der Schlafmangel, der durch den unermüdlichen Beschuss aus den Reihen der Russen verursacht wird, haben die ukrainischen Einheiten erschöpft, die Moral bröckelt gewaltig.
«Wir sehen hier das Ziel nicht. Hier ist nicht unser Land», schreibt ein Soldat, dessen Namen nicht veröffentlicht wurde, der BBC via Telegram. Er erzählt von einer massiven Ermüdung und dem Fehlen von Nachschub. «Wir brauchen diese Kursker Wälder nicht», in denen man so viele Kameraden verloren habe.
Wo sind die Nordkoreaner?
«Die Hauptaufgabe, vor der wir stehen, besteht darin, möglichst viel Territorium bis zu Trumps Amtseinführung und dem Beginn von Verhandlungen zu halten», so der Soldat weiter. «Später sollen wir das dann eintauschen können, aber keiner weiss, für was.» Auch weitere Soldaten fühlen sich fehl am Platz, sehen ihren Einsatz an der Ostfront der Ukraine, im Donbass, wo der Feind weiter vorrückt, nicht in Russland.
Was derweil Fragen aufwirft, sind die bis zu 10'000 entsandten nordkoreanischen Soldaten, die bei der Rückeroberung der Gebiete in der Region Kursk helfen sollen. «Ich habe weder etwas über lebende noch über tote Koreaner gelesen oder gehört», so ein weiterer Soldat zur BBC. Sie seien angewiesen worden, zumindest einen Nordkoreaner gefangenzunehmen, am besten mit Dokumenten. Auf sie getroffen sei man aber noch nicht.