«Einheimische leben sogar in Höhlen»
Mit Hungerstreik gegen Massentourismus auf Teneriffa

Einheimische auf den Kanaren planen die bisher grössten Proteste der Region gegen den Massenandrang. Erste Touristen reagieren verunsichert, die Regierung arbeitet derweil ein striktes Gesetz aus.
Publiziert: 16.04.2024 um 19:27 Uhr
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Aktualisiert: 18.04.2024 um 09:33 Uhr
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Demonstranten campieren vor einer Kirche in Teneriffa.
Foto: AFP
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Sandra MeierJournalistin News

Hunderte Einheimische bildeten letzte Woche auf Teneriffa eine Menschenkette, Demonstranten schlugen Zelte auf und campieren mit Protestschildern vor einer Kirche. An der Strandpromenade sollen vorbeispazierende Touristen gar beschimpft oder mit Schlägen bedroht worden sein: Der Frust gegen den Massentourismus auf den Kanaren wächst und wächst. 

Mehrere Aktivisten befinden sich seit sechs Tagen im Hungerstreik. Ihre Gesundheit sei ernsthaft gefährdet, sagt eine Krankenschwester, die die Hungernden untersuchte, in einem Video, das die Gruppe «Canarias se Agota» (Kanaren haben genug) am Dienstag auf Facebook veröffentlichte. Eine Streikende kritisiert den Präsidenten der Kanarischen Inseln scharf: «Als die soziale Unzufriedenheit wuchs, riefen Sie zur Vernunft auf. Es reicht mit der Verarschung der Bürger, genug der heuchlerischen Reden.»

Für diesen Samstag sind Demos auf den Kanarischen Inseln angekündigt. Geplant ist «einer der grössten Proteste in der Geschichte der Region», heisst es. Das Ziel: Baustopp für Hotels und Golfplätze in ursprünglich geschützten Naturgebieten, die Einführung einer Touristengebühr und eine bessere Regulierung von Ferienwohnungen. Ausserdem fordern die Aktivisten, dass die Regierung die Industrie und Landwirtschaft stärker fördert, damit die Bevölkerung wirtschaftlich nicht mehr so stark abhängig ist.

«Verdiene 900 Euro, aber meine Miete kostet 800»

Die einfachen Menschen würden gar nicht vom Tourismus profitieren, sagte etwa Naturschützer Ivan Cerdena Moline gegenüber der spanischen Zeitung «The Olive Press». Ihre Gehälter seien über Jahre nicht gestiegen und die Lebensqualität breche zusammen. Reiseveranstalter würden auf den Inseln die «Kontrolle übernehmen». «Wir müssen dringend etwas ändern. Die Menschen leben in ihren Autos und sogar in Höhlen.» 

Aktivist Rubén Zerpa kritisierte: «Ich verdiene etwa 900 Euro und teile mir die Wohnung mit meinem Partner, die Miete beträgt 800 Euro im Monat.» Neben den horrenden Wohnungsmieten sind für die Einheimischen auch verstopfte Strassen ein Problem. Sogar der öffentliche Verkehr werde übernommen, beklagte eine 63-jährige Malerin gegenüber «The Olive Press»: «Neulich hat sich eine Reiseleiterin vor den Bus gestellt und 20 Touristen dabei gehabt. Die Einheimischen mussten auf einen anderen Bus warten.»

Erste Touristen melden sich besorgt

Offenbar sorgt der Unmut der Einheimischen mittlerweile auch bei Ausländern für Verunsicherungen. «Erste Touristen informieren sich über die Sicherheit vor Ort, das ist ein besorgniserregendes Signal», sagt Jorge Marichal, Präsident des kanarischen Hotel- und Gaststättenverbandes, gegenüber «Teneriffa News».

Im März gerieten Graffitis gegen Touristen in die Schlagzeilen. Vergangenen Monat tauchten auf Lanzarote auch falsche «Betreten verboten»-Schilder auf, wie die «Daily Mail» berichtete. Die Demonstranten betonen: «Wir haben nichts gegen Touristen, aber Tourismus muss besser reguliert werden.»

Striktes Gesetz soll Ferienunterkünfte begrenzen

Der kanarische Regionalpräsident Fernando Clavijo ist derweil um Schadensbegrenzung bemüht. Der vom Tourismus erzeugte Reichtum müsse besser verteilt werden, forderte der Konservative jüngst. Gemäss «Teneriffa News» plant die Regierung ein striktes Gesetz zur Begrenzung von Ferienwohnungen, das noch dieses Jahr in Kraft treten könnte. Demnach sollen 90 Prozent der bebaubaren Fläche künftig für Wohnraum reserviert werden. Bleiben zehn Prozent für touristische Nutzung. Aktuell gehen auf den Kanaren 37 Prozent der Unterkünfte auf touristische Zwecke zurück.

Das Gesetz sieht auch Strafen vor. So sollen Ferienhauseigentümer überprüft werden. Wer die festgelegten Parameter nicht einhält, dem drohen Strafen mit bis zu zehnjährigen Verboten. 

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