Überfüllte Strände, lange Schlangen und Natur voller Müll. «Overtourism» kann sowohl Einheimische als auch Touristen zur Verzweiflung bringen. So auch im italienischen Ferienort Sestri Levante. Dort soll jetzt eine Strandgebühr Abhilfe verschaffen. Mit dieser Massnahme ist der Küstenort nicht alleine, auch grössere Städte wie Venedig verlangen seit Neuem testweise Eintritt für Tagesbesucher.
In der Schweiz sind die ganz grossen Auswüchse im Massentourismus seltener – wie Tourismusexperte Florian Eggli (46) sagt: «Die Schweiz hat grundsätzlich eine gute Infrastruktur und kann Touristenströme gut handeln». Gemäss dem Forscher und Dozent am Institut für Mobilität und Tourismus der Hochschule Luzern komme es aber auch in der Schweiz punktuell zu Überlastungen, hauptsächlich in der Hochsaison. Blick zeigt, wie ausgewählte Orte in der Schweiz mit den Touristen-Massen umgehen.
Lauterbrunnen (BE)
In Lauterbrunnen wurden die Einheimischen vergangenen Sommer regelrecht von Touristen überrannt. Diese strömten in Massen zum Staubbachfall, einem der höchsten Wasserfälle der Schweiz – und liessen einiges zurück: Anwohner zeigen sich genervt vom Verkehrschaos und herumliegenden Müll. Die Gemeinde versuchte darauf, die Touristen mit Flyern und Plakaten zu sensibilisieren – was mässig erfolgreich war. Seither denken die Verantwortlichen in Lauterbrunnen über Eintritt-Tickets und Schranken nach. Experte Eggli ist eher skeptisch: «Solche Massnahmen sehen auf dem Papier einfach aus, lassen sich aber nur schwer umsetzen. Man muss sich dann zum Beispiel auch fragen, wer gilt überhaupt als Tourist?». Eine solch harte Massnahme bringe zudem immer grosse Diskussionen mit sich und grenze Menschen in ihrer Bewegungsfreiheit ein.
Steg in Iseltwald (BE)
Genau zu einer solchen harten Massnahme hat eine andere Gemeinde im Berner Oberland gegriffen: Iseltwald BE entschloss sich im April 2023, ein Drehkreuz an einem Steg auf dem Brienzersee zu installieren und fünf Franken Eintritt zu verlangen. Was war geschehen? Eine koreanische Serie hatte den Ort berühmt gemacht – und er wurde darauf von koreanischen Touristen überrannt. Gemäss Tourismusexperte Florian Eggli sei das ein Zeichen von Überforderung. Die Behörden hätten die Folgen der Dreharbeiten der Serie falsch eingeschätzt. Er sagt: «Ich finde es fraglich, für einen öffentlichen Ort, der ja in dem Sinne keine Dienstleistung erbringt, einen Eintritt zu verlangen.» Besser sei es, innovative Produkte zu gestalten, um ein tolles Gästeerlebnis zu schaffen. Anstelle von Besuchereinschränkungen solle man lieber gescheites Marketing betreiben und Anreize schaffen, um allfälligen Engpässen vorzubeugen.
Verzascatal (TI)
Im Verzascatal arbeitet man bereits mit solchen Strategien: In den Sommermonaten stürmen dort schon Mal über 10'000 Gäste das Tal, das auch bei Deutschschweizern sehr beliebt ist. Um die Besucherströme besser zu lenken, setzt man aufs Portmonnaie – und zahlpflichtige Parkplätze. «Das ist eine Methode, die in der Regel sehr schnell wirkt», sagt Florian Eggli. Um den Autoverkehr zu mässigen, wurde ausserdem das Angebot der öffentlichen Verkehrsmittel ausgebaut und die Mobilität mit dem Velo und E-Bike gefördert.
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