Eine Armee von Konservativen tüftelt seit 2020 am «Project 2025»
Das ist Trumps Masterplan für die USA – und die Welt

Das FBI abschaffen, den Regierungsapparat abbauen – kurz: Die amerikanische Demokratie aushebeln. Was dystopisch klingt, wird mit «Project 2025» zur Realität Amerikas.
Publiziert: 25.01.2024 um 00:38 Uhr
|
Aktualisiert: 25.01.2024 um 09:21 Uhr
1/2
Donald Trump ist derzeit der grosse Favorit der Republikaner, was die nächste Präsidentschaftswahl betrifft.
Foto: AFP
BlickMitarbeiter06.JPG
Chiara SchlenzAusland-Redaktorin

2016 wurde die Wahl von Donald Trump (77) zum US-Präsidenten im konservativen bis rechtsradikalen Milieu der USA gefeiert. Endlich, dachte man – ein US-Präsident, der dem ultrakonservativen Geschmack entspricht. Die Freude war allerdings nicht von langer Dauer: Schnell wurde klar, dass Trump zwar die – für seine Unterstützer – richtigen Ideen hatte, doch er und seine Regierung wurden immer wieder von den eigenen Behördenstellen ausgebremst.

Seine Unterstützer sind sich einig: Das darf nie wieder vorkommen. Kurzerhand wurde also im Jahr 2022 das «Project 2025» ins Leben gerufen, unter der Leitung von Paul Dans, der für Trump während dessen Amtszeit die Personalfragen im Weissen Haus gemanagt hat. Unter seiner Leitung entstand ein Papier, das circa 900 Seiten umfasst. Darin wird bis ins kleinste Detail beschrieben, wie eine zweite Amtszeit Trumps aussehen könnte. Blick hat das «Project 2025» analysiert.

Was will das Projekt genau erreichen?

Das grösste Ziel der Initianten: Trump bestmöglich auf eine zweite Amtszeit vorzubereiten. Heisst laut Dans und seinen Co-Autoren: Sämtliche Regierungs- und Behördenämter sollen künftig mit richtigen Trump-Anhängern besetzt werden. So soll garantiert werden, dass Trumps Ideen nichts mehr im Weg steht.

Und falls er im November tatsächlich gewählt und im Januar 2025 US-Präsident wird, soll er direkt einige Änderungen vornehmen: die Mittel für das US-Justizministerium kürzen, das FBI und den Heimatschutz auflösen und die Ministerien für Bildung und Handel streichen.

1/8
Was wäre, wenn Donald Trump zum zweiten Mal Präsident der USA wird?
Foto: imago images/ZUMA Wire

Auf der Website von «Project 2025» betonen die Initianten: «Es reicht nicht aus, dass die Konservativen die Wahlen gewinnen. Wenn wir das Land aus dem Griff der radikalen Linken befreien wollen, brauchen wir sowohl ein neues Regierungsprogramm als auch die richtigen Leute.»

Sind die Initianten alles irre Umstürzler?

Nein, im Gegenteil. Die US-Denkfabrik Heritage Foundation, die hinter dem Projekt steckt, besteht bereits seit 1973 und setzt sich seit jeher für die Realisation konservativer Interessen in der US-Politik um. Auch das «Project 2025» wird von einer Vielzahl weiterer Organisationen, amerikanischer Politiker und rechtsradikaler Aktivisten unterstützt – die zwar weniger seriös, dafür umso einflussreicher sind.

Dazu gehören unter anderem Trumps ehemaliger Stabschef, Mark Meadows (64), der ehemalige höchste Berater Trumps, Stephen Miller (38), und der einflussreiche rechtsradikale Aktivist Charlie Kirk (30), um nur einige zu nennen.

Ist Trump selbst mit an Bord?

Das ist anzunehmen. Zwar betonen die Initianten immer wieder, dass es ihnen nicht um Trump per se, sondern generell um den nächsten republikanischen Präsidenten geht. Doch Trump ist mit seinem Flair für den Populismus die perfekte Projektionsfläche für die Ziele des Projekts. Und er wird sich kaum gegen einflussreiche Unterstützung wehren.

Ausserdem hat der ehemalige US-Präsident bereits einige der Massnahmen umgesetzt, die die Heritage Foundation vorgeschlagen hat. Dazu gehören unter anderem der Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen und die Einführung eines höheren Militärbudgets. Eins ist also klar: Sollte Trump im November 2024 erneut zum Präsidenten der USA gewählt werden, wird er weitere Massnahmen, die «Project 2025» vorschlägt, umsetzen.

Ist das «Project 2025» gefährlich für die USA?

Die Heritage Foundation und ihr «Project 2025» wollen mit Trump ihre Ziele durchzusetzen. «Der stille Putsch des Projekts stellt eine gefährliche Bedrohung für unsere Demokratie dar und schlägt einen ideologischen Aufstand vor», so Analysten der Universität Berkeley in einem Bericht. Das Projekt wird als autoritär und anti-demokratisch beschrieben.

Der amerikanische Historiker Richard C. Hall (74) analysiert in «The Oklahoman»: «Kapitel für Kapitel bietet das Projekt eine Anleitung für die Umwandlung unserer Demokratie in eine autoritäre Regierungsform. Man kann es am besten als einen Aufstand von innen heraus beschreiben.»

Ob es der Heritage Foundation und Trump aber gelingen wird, ihre Pläne so auszuführen, wie sie es planen, bleibt abzuwarten.

Was bedeutet das Projekt für Europa?

In einem kürzlich publizierten Interview mit der «New York Times» sagte der Gründer von Heritage Foundation, Kevin D. Roberts: «Wir sind der Meinung, dass die Art und Weise, wie die Hilfspakete für die Ukraine geschnürt wurden, eigentlich ein Verstoss gegen den Grundsatz ‹Frieden durch Stärke› ist.» Heisst also: Wenn Trump zum Präsidenten gewählt wird und sich der Ausführung von «Project 2025» verschreibt, kann sich die Ukraine weitere Militärhilfen aus den USA abschminken.

Allerdings findet die Heritage Foundation und deren «Project 2025» auch Gefallen bei europäischen Staatschefs. So nahm der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán (60) kürzlich an einem von Heritage organisierten Anlass teil. Ein weiteres Beispiel ist die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni (47), die sagte: «Die USA sind natürlich ein Bezugspunkt für unsere Allianzen. Unsere Thinktanks arbeiten mit dem International Republican Institute und mit der Heritage Foundation – wir machen kulturellen Austausch.»

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Liebe Leserin, Lieber Leser
Der Kommentarbereich von Blick+-Artikeln ist unseren Nutzern mit Abo vorbehalten. Melde dich bitte an, falls du ein Abo hast. Noch kein Blick+-Abo? Finde unsere Angebote hier:
Hast du bereits ein Abo?