Darum gehts
- USA und Ukraine einigen sich auf Waffenruhe-Vorschlag in Saudi-Arabien
- Diplomatische Vorarbeit erfolgt im Verborgenen durch Unterhändler
- Trump reagiert auf Ontarios Stromdrohung mit 50-prozentiger Zollerhöhung
Die ganze Welt schaut gebannt in die USA. Jeden Tag machen neue aussenpolitische Ankündigungen die Runde. Das jüngste Beispiel: Nur zehn Tage nach dem beispiellosen Eklat zwischen US-Präsident Donald Trump (78) und seinem ukrainischen Amtskollegen Wolodimir Selenski (47), legten die beiden Länder am Dienstagabend eine gemeinsame Position im Ukraine-Krieg vor. In Saudi-Arabien hat man sich auf einen gemeinsamen Vorschlag für eine Waffenruhe geeinigt.
«So spontan, wie das wirkte, war es nicht», erklärt Sicherheits- und Aussenpolitikexperte Klemens H. Fischer (61) gegenüber Blick. Fischer ist Professor für internationale Beziehungen und Geopolitik an der Universität zu Köln und war von 1993 bis 2022 Angehöriger der österreichischen EU-Botschaft in Brüssel. Er weiss, wie diplomatische Gesprächsrunden im Normalfall ablaufen.
Unterhändler sprechen im Verborgenen
«Bevor Staaten sich treffen, wird abgeklopft, was drin liegt», sagt der Österreicher zu Blick. Es werden sogenannte «Non-Papers» verfasst, in denen ein erster Rahmen ausgearbeitet wird.
Blick hat bei Verhandlungsexperte Matthias Schranner (61) nachgefragt, wie das konkret abläuft: «Unterhändler klären die meisten Punkte schon vorgängig.» Sie erledigen dies in der Regel persönlich und nicht via Telefon oder E-Mail-Verkehr. «Die Treffen finden im Verborgenen statt und werden niemals medial angekündigt. Sonst würden erste Details ja bereits durchsickern», so Schranner.
Text war im Voraus bekannt
Anschliessend werde bereits abgemacht, wie das spätere Verhandlungsergebnis ungefähr aussehen soll. «Die USA treten im aktuellen Fall als Vermittler auf.» Für die Gesprächsrunde muss also ein neutraler Ort gewählt werden, der für beide Konfliktparteien in Ordnung ist. «Vor ein paar Jahren wäre das vielleicht noch Genf gewesen. Doch spätestens seit der Bürgenstock-Konferenz, bei der Russland nicht vor Ort war, ist die Schweiz raus.»
Die Vorarbeit hat laut Fischer einen bestimmten Grund. «Nichts ist schlimmer, als wenn man ohne Ergebnis aus den Verhandlungen geht. Das wäre für alle unangenehm.» Aus diesem Grund hätten sowohl die Ukrainer als auch die Amerikaner den ungefähren Text schon im Voraus gekannt. «Auch Russland hat den Text wohl schon gekannt», vermuten beide Experten.
«Wie ein griechisches Drama»
Ein medienwirksames Treffen diene vor allem einer gewissen Dramatik. «Es ist wie ein griechisches Drama», beschreibt Fischer. Dieses werde unter amerikanischem Drehbuch geschrieben. Denn: Trump möchte sich als Friedensstifter in die Geschichtsbücher eintragen.
Als Nächstes werden die Russen laut den Experten ein Gegenangebot vorlegen. «Dieses dürfte kleinere Änderungen im Wording beinhalten», führt Schranner aus. Er glaubt: Grundlegende Änderungen werde Trump nicht zulassen. «Da der Text vage gefasst ist, ist es für Putin angenehmer», meint Fischer.
Streit mit Kanada: «Das ist keine Diplomatie»
Neben den Verhandlungen an einem ausgesuchten Ort, kommt es unter Trump aber auch aus der Ferne immer wieder zu aussenpolitischem Austausch. Dieser kann hitzig ausfallen, wie der Zwist zwischen Donald Trump und dem Gouverneur der kanadischen Provinz Ontario, Doug Ford (60), zeigt. Ford hatte den USA aufgrund von Strafzöllen gedroht, den Strom abzustellen. Trump reagierte postwendend mit Drohungen, die Zölle auf kanadische Importe auf 50 Prozent zu erhöhen. Schliesslich ruderte der Gouverneur zurück.
Wie ist das einzuschätzen? «Das ist auf jeden Fall keine Diplomatie», erklärt der Kölner Professor Fischer. «Dieses Schiessen und Abwarten, wie der Gegner reagiert, ist typisch Trump.
Trumps Unberechenbarkeit mache ihn ein Stück weit auch berechenbarer, pflichtet Schranner bei. «Es ist ein ständiges Testen, wie weit er gehen kann. Es ist immer das gleiche Muster.»