Die am Montag gewählte britische Premierministerin Liz Truss (47) gilt als zweite «Eiserne Lady». Und die Bewunderung für die neoliberale Politik von Ex-Premierministerin Margaret Thatcher (1925–2013) hört man Truss' Aussagen auch an: Sie wolle als Staatschefin Steuern senken statt «Almosen» verteilen, sagte sie. Und: Sie fordere vom Volk mehr Arbeitseifer.
Eine eisenharte Ansage in einer Zeit, in der immer mehr Briten von den steigenden Preisen wirtschaftlich erdrückt werden – und befürchten, sich im Winter zwischen Heizen und dem Wocheneinkauf entscheiden zu müssen!
Truss' Spitzname: Die menschliche Handgranate
Die Karriere von Truss bei den konservativen Tories war alles andere als vorgezeichnet. Sie wuchs als Professoren-Tochter in einem eher linken Haus auf, war an Anti-Atom-Protesten und gab ihr politisches Debüt in der liberalen Partei. Und sie war Monarchie-Gegnerin. «Eine Jugendsünde», wie die Ökonomin und zweifache Mutter heute sagt.
Von links nach weit rechts – es ist nicht die einzige politische Spitzkehre der 47-Jährigen. Beim Brexit wurde sie von der Brexit-Gegnerin zum eingefleischten Brexit-Fan. Das ging so weit, dass sie Ende August den verbalen Zweihänder auspackte und sagte, sie wisse noch nicht, ob der französische Präsident Macron «Freund oder Feind» sei. Sprüche wie dieser brachten Truss einen Spitznamen ein: «Die menschliche Handgranate».
Was sagt das Volk zur neuen Premierministerin?
Aber die Handgranate ist Überlebenskünstlerin. Zwölf Jahre lang hielt sie sich in verschiedenen konservativen Regierungen, machte weiter Karriere, auch wenn ihre Chefs strauchelten. Die heutige Premierministerin war unter David Cameron (55) im Bildungsministerium, dann Umweltministerin, Justizministerin unter Theresa May (65) und Aussenministerin unter Boris Johnson (58).
Diesen Überlebensinstinkt muss sie als Premierministerin unter Beweis stellen. Denn gewählt wurde sie bisher nur von rund 160'000 Tory-Mitgliedern, die die Johnson-Nachfolge innerhalb der Partei ausmachten. Vom Volk muss sich Truss in zwei Jahren bestätigen lassen. Ob das mit dem Rezept «mehr Arbeitseifer gegen kalte Stuben» gelingt, ist fraglich.