45 Tage lang hat sich Liz Truss (47) als britische Premierministerin im Amt gehalten. Davor hatte es mächtig in der Regierung gebrodelt. Am Freitag hatte sie ihren Finanzminister Kwasi Kwarteng (47) entlassen. Diese Woche folgte die Innenministerin Suella Braverman (42).
Vor den Medien sagte Truss: «Ich habe mit seiner Majestät, dem König, gesprochen, um ihn zu informieren, dass ich als Parteivorsitzende zurücktrete.»
Als Premierministerin will sie noch im Amt bleiben, bis eine Nachfolge gefunden ist. Und das soll innert einer Woche der Fall sein. Im Normalfall würde der Führer oder die Führerin der Regierungspartei auch Premierminister bzw. Premierministerin.
Doch wer hat die besten Chancen? Blick zeigt die möglichen Nachfolgerinnen und Nachfolger.
Rishi Sunak
Der frühere Schatzkanzler Rishi Sunak (42) gilt bei den Engländern als klarer Favorit für die Nachfolger als Liz Truss. Er war von Februar 2020 bis 1. Juli 2022 im Amt als Schatzkanzler und erreichte bei den letzten Wahlen als neuer Anführer der Konservativen Partei den zweiten Rang – hinter Liz Truss.
Sunak warnte bereits früh vor dem geplanten Mini-Budget, das den englischen Finanzhaushalt in den vergangenen Tagen ins Chaos stürzte. Der gescheiterte Finanzplan ist nun auch der Hauptgrund für den Rücktritt von Liz Truss.
Laut Experten dürfte Sunak zwar die besten Chancen auf eine Nachfolge haben. Ob er die konservative Partei hinter sich einen kann, wird aber bezweifelt.
Blick-Chance: sehr gut
Penny Mordaunt
Die frühere Verteidigungsministerin Penny Mordaunt (49) gilt ebenfalls als heisse Kandidatin auf die Nachfolge von Liz Truss. Mordaunt ist seit September Führerin des Unterhauses und hat damit eine äusserst wichtige Position im englischen Politiksystem inne.
Mordaunt erreichte bei den Wahlen als neue Anführerin der Konservativen Partei den dritten Platz. Im Juli nahm sie sich aus dem Rennen und machte damit Platz für Liz Truss.
In WhatsApp-Gruppen der Konservativen, die gegenüber Sky News geleakt wurden, forderten bereits mehrere Parlamentsabgeordnete Mordaunt zur Kandidatur auf.
Blick-Chance: sehr gut
Ben Wallace
Der Verteidigungsminister und frühere Soldat Ben Wallace (52) hat sich bereits im Frühling dafür starkgemacht, dass Grossbritannien die Ukraine im aktuellen Krieg unterstützt. Das hat ihm viel Respekt eingebracht. Allerdings ist völlig unklar, ob Wallace tatsächlich auch Premierminister werden möchte. Als es im Sommer um die Nachfolge von Boris Johnson (58) ging, trat Wallace nicht an.
Noch am Dienstag sagte Wallace gegenüber der «Times», dass er seinen Posten als Verteidigungsminister behalten will. «Ich möchte bis zum Ende meiner Amtszeit Verteidigungsministerin sein. Ich liebe meinen Job, und wir haben noch viel zu tun.»
Wallace ist seit 2019 Verteidigungsminister.
Blick-Chance: mittel
Boris Johnson
Dass Boris Johnson (58) im Sommer nicht freiwillig zurückgetreten ist, ist hinlänglich bekannt. In seiner Abschiedsrede verglich Johnson sich selbst mit dem römischen Staatsmann Cincinnatus, der gegen eine Invasion kämpfte, bevor er auf seinen Hof zurückkehrte. Der Überlieferung nach kehrte Cincinnatus später zurück, um eine zweite Amtszeit zu absolvieren.
Einige Parlamentsabgeordnete forderten bereits offen eine Rückkehr von Boris Johnson in die Downing Street 10. Und er ist einer Rückkehr offenbar nicht abgeneigt: Das berichteten die Zeitungen «Times» und «Telegraph» unter Berufung auf nicht genannte Quellen. Johnson glaube, eine Kandidatur sei im «nationalen Interesse», hiess es in der «Times». Laut der «Daily Mail» hat sich Johnson bislang nicht offiziell geäussert, er befindet sich derzeit in den Ferien.
Blick-Chance: mittel
Jeremy Hunt
Als mächtigster Mann der aktuellen Truss-Regierung gilt mittlerweile der neue Schatzkanzler Jeremy Hunt (55). Hunt räumte am Samstag «Fehler» der Truss-Regierung ein. «Wir sind zu schnell zu weit gegangen.» Der neue Schatzkanzler machte so gut wie alle zuvor angekündigten Steuererleichterungen rückgängig. Damit reisst er genau die Politik ein, die Truss den Wahlsieg bescherte.
Hunt bewarb sich bereits zweimal um die Position als Anführer der Konservativen. Allerdings ohne Erfolg. Der 55-Jährige bringt Erfahrung als Gesundheitsminister, Kulturminister und Aussenminister mit.
Laut Informationen des britischen Sky News soll sich Hunt intern bereits aus dem Rennen genommen und eine mögliche Kandidatur verneint haben.
Blick-Chance: klein