Deutsches Militär rüstet sich für Putin-Angriff auf die Nato – Experte warnt
«Wir sind dem Krieg viel näher, als die meisten glauben»

Bläst Putin noch dieses Jahr zum Angriff auf europäische Nato-Staaten? Die deutsche Bundeswehr malt ein düsteres Szenario. Nuklear-Forscher Fabian Hoffman zeigt, wie Putin vorgehen könnte.
Publiziert: 15.01.2024 um 17:47 Uhr
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Aktualisiert: 15.01.2024 um 18:30 Uhr
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Jährlich fährt Putin in Moskau sein bedrohliches Waffenarsenal auf. Setzt er es bald gegen Europa ein?
Foto: AFP
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Guido FelderAusland-Redaktor

Die deutsche Bundeswehr bereitet sich auf eine neue Stufe der Eskalation im Ukraine-Krieg vor. Während russische Truppen versuchen, im Osten und Süden der Ukraine Geländegewinne zu erzielen, könnte der Kreml gleichzeitig die Ostflanke der Nato ins Visier nehmen.

Von dieser Gefahr berichtet die «Bild»-Zeitung. Sie stützt sich auf ein geheimes Dokument, in dem das deutsche Verteidigungsministerium den möglichen «Weg in den Konflikt» zwischen Aggressor Russland und dem westlichen Verteidigungsbündnis skizziert.

Das Szenario geht von Cyberangriffen und anderen Formen der hybriden Kriegsführung im Juli aus. Betroffen wären die drei baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen, in denen russische Minderheiten aufgewiegelt würden.

Gleichzeitig würde Russland Truppen und Mittelstreckenraketen nach Kaliningrad verlegen, mit dem ersten Ziel, die Suwalki-Lücke zu erobern. Die Suwalki-Lücke ist der schmale Korridor zwischen Polen und Litauen, durch den Moskau seine Exklave Kaliningrad versorgt.

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Jährlich fährt Putin in Moskau sein bedrohliches Waffenarsenal auf. Setzt er es bald gegen Europa ein?
Foto: AFP

Gezielt während der US-Wahl im November, wenn die USA nach einer möglichen Abwahl Joe Bidens (81) vorübergehend führungslos sein könnten, würde der russische Präsident Wladimir Putin (71) seine Truppen in Nato-Staaten einmarschieren lassen. 

Wohl gemerkt, es ist ein Szenario. Vor kurzem sagte aber schon der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius (63): «Am Ende des Jahrzehntes könnten Gefahren auf uns zukommen.» Und der schwedische Zivilverteidigungsminister Carl-Oskar Bohlin (38) warnte: «Es könnte Krieg in Schweden geben.»

Der Raketen- und Nuklearforscher Fabian Hoffmann von der Universität Oslo drängt zur Eile. «Wir sind einem Krieg mit Russland viel näher, als die meisten Menschen glauben», schreibt er in einem Beitrag auf X. «Meiner Meinung nach haben wir bestenfalls zwei bis drei Jahre Zeit, um die Abschreckung gegenüber Russland wiederherzustellen.»

Putins Erpressung

Weil Putin wisse, dass er kräftemässig der Nato unterlegen sei, würde er es gar nicht zur direkten Konfrontation kommen lassen, meint Hoffmann. «Russland würde nach russischer Doktrin versuchen, die Nato zur Unterwerfung zu zwingen, indem es signalisiert, dass es in der Lage ist, immer grösseren Schaden anzurichten.»

Hoffmann stellt sich vor, dass Russland zuerst grosse Angriffe auf kritische zivile Infrastrukturen in allen Nato-Staaten Europas lancieren würde. Die Botschaft: Eilt euren osteuropäischen Nato-Verbündeten nicht zu Hilfe, wenn ihr nicht wollt, dass eure Bevölkerung leiden muss.

Gleichzeitig würde Russland laut Hoffmann seinen nuklearen Schutzschirm über das Nato-Gebiet ausdehnen, das es in einem ersten Angriff erobern kann. Die Botschaft hier: Jeder Versuch, diese Gebiete zurückzuerobern wird zu einer nuklearen Eskalation führen.

Putin nutzt Unentschlossenheit aus

Der Kreml habe im Ukraine-Krieg gelernt, dass es dem Westen an Entschlossenheit fehle. Mit andern Worten: Putin rechnet damit, dass die Nato ihre Verbündeten in Osteuropa fallen lassen würde, um eine Eskalation auf ganz Europa zu verhindern.

Hoffmann vermisst eine Debatte darüber, wie die Nato einen Krieg führen würde. Es gebe keine andere Möglichkeit als mit «gesamtgesellschaftlichen Anstrengungen unsere Angelegenheiten in Ordnung» zu bringen, was mit hohen Kosten verbunden sei. Hoffmann: «Wenn wir den schlimmsten Fall in Betracht ziehen, was wir tun sollten, ist die Zeit bereits abgelaufen.»

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