Der Krieg zwischen Israel und der Terrororganisation Hamas ist nach dem Überfall der radikalen Islamisten auf Orte im Süden Israels neu entflammt. Der Nahost-Konflikt hat globale Auswirkungen. In Europa steigt die Terrorgefahr. Mehrere Staaten erhöhten bereits die Warnstufen, darunter Belgien, Frankreich und Österreich.
Extremismusforscher Peter Neumann (48) vom King's College London mahnt nun, die Gefahr nicht zu unterschätzen. Der Terror-Experte rechnet mit einer neuen dschihadistischen Terrorwelle in Europa.
Das empfiehlt der Terror-Experte
«Vor etwas mehr als 10 Jahren führte der syrische Bürgerkrieg zu einer noch nie dagewesenen dschihadistischen Mobilisierung – auch hier in Europa», beginnt ein langer Thread des deutschen Politikwissenschaftlers auf der Social-Media-Plattform X. Er trägt den Titel «Warum ich eine neue dschihadistische Terrorwelle befürchte». Der aktuelle Konflikt zwischen Israel und der Hamas sei mit dem syrischen Bürgerkrieg nicht identisch, es gebe jedoch Ähnlichkeiten.
«Genauso wie damals wird der Konflikt über soziale Medien transportiert», erläutert Neumann. Und: Wieder gehe es um einen Konflikt im Nahen Osten. «Aber im Gegensatz zu Syrien ist dieser nicht ‹irgendein› Bürgerkrieg oder Konflikt zwischen Muslimen. Für Islamisten ist es ‹der› Konflikt überhaupt: Juden gegen Muslime, Heiliges Land, Jerusalem. Klarer geht es nicht», macht der Experte deutlich.
Viele, die mit der Hamas sympathisieren, «würden wahrscheinlich am liebsten vor Ort kämpfen», dies sei diesmal aber nicht möglich. «Wer sich aktuell radikalisiert, muss sich seine Ziele also hier suchen. Und diese werden vermutlich vor allem im Zusammenhang mit Israel und Juden stehen», ergänzt der Forscher.
Sein Fazit: «Ich befürchte, dass uns in Europa eine neue Welle des dschihadistischen Terrorismus bevorsteht. Und dass diese noch dramatischer werden könnte als das, was wir Mitte der 2010er-Jahre erlebt haben.» Unter Dschihadisten sei die Idee des terroristischen Einzeltäters mittlerweile so weit verbreitet, dass es gar keine Terror-Netzwerke mehr brauche. Für Politik und Sicherheitsorgane in Europa empfiehlt Neumann deshalb, sich «jetzt sehr schnell und intensiv mit dem (wieder-)auflebenden Phänomen» zu beschäftigen.
Fussballfans in Brüssel erschossen
Als mahnendes Beispiel für die besorgniserregende Entwicklung dient der Tunesier Abdesalem L.* (†45), der im Oktober in der belgischen Hauptstadt Brüssel zwei schwedische Fussballfans tötete. Eines der Todesopfer, Patrick L. (†60), lebte im Kanton Bern. Der langjährige Unterstützer der schwedischen Fussball-Nationalmannschaft wollte nur die Partie Belgien gegen Schweden verfolgen. Er wurde kaltblütig erschossen.
Einen Zusammenhang zwischen dem Nahost-Konflikt und der Tat konnte die Staatsanwaltschaft nicht ausschliessen. Abdesalem L. postete vor der Tat auf Facebook zum Krieg zwischen Israel und der Hamas und dürfte sich online radikalisiert haben.
* Name bekannt