Am Montag hat der Krieg endgültig Russland erreicht. Russische Neonazis haben ihr eigenes Land angegriffen – im Namen der Ukraine. Es ist nicht das erste Mal, dass unter anderem das Russische Freiwilligenkorps einen Angriff auf Russland startet. Im März fielen die Partisanen in Brjansk ein.
Doch in Grösse und Heftigkeit sind die Vorfälle am Montag und Dienstag nicht zu überbieten. Das sieht auch Gerhard Mangott (56), Militärexperte an der Uni Innsbruck, so. Er ist sich sicher: «Es wird weiter solche Angriffe von russischen Partisanen geben.» Und sie könnten immer häufiger vorkommen – schliesslich hat sich in der Region Belgorod ja gezeigt, was sie anrichten können.
Kreml nutzt Angriffe als Rechtfertigung für Krieg
Der Kreml reagierte äusserst besorgt auf die Invasion Belgorods. Der Sprecher von Kremlchef Wladimir Putin (70), Dmitri Peskow (54), teilte am Dienstag mit: «Es ist eine Angelegenheit, die uns grosse Sorgen bereitet und uns grosse Anstrengungen abverlangt.»
Der Angriff auf die westrussische Region beweist nach Ansicht des Kremls die Notwendigkeit, den Krieg gegen die Ukraine fortzuführen. «Das bestätigt ein weiteres Mal, dass ukrainische Kämpfer ihre Tätigkeit gegen unser Land fortsetzen», sagte Peskow laut der Nachrichtenagentur Interfax.
Ukrainische Angriffe auf Russland
Damit hat die ukrainische Regierung unter Präsident Wolodimir Selenski (45) genau das erreicht, was sie wollten: Angst in der grenznahen russischen Bevölkerung zu streuen. Und das, ohne – zumindest offiziell – einen Finger zu rühren. Denn von ukrainischer Seite werden Verbindungen zu den Neonazi-Gruppen dementiert – oder schlicht nicht kommentiert.
«Man muss nur eins und eins zusammenzählen»
Doch auf Videos ist zu erkennen, dass Kämpfer der in Belgorod eingefallenen Gruppen ukrainische Militärkleidung tragen und die ukrainische Fahne auf ihrer Brust tragen. Und: Für die Invasion wurden amerikanische Fahrzeuge verwendet. «Wenn russische Neonazis mit gepanzerten Fahrzeugen in Russland eindringen, die die Ukraine von den USA bekommen hat, kann man eins und eins zusammenzählen», so Mangott.
Auch wenn die klaren Verbindungen der russischen Neonazis in die Ukraine bedenklich sind: Schwerere Konsequenzen als einen erhobenen Zeigefinger aus den USA wird es laut Mangott nicht geben für die Ukraine.
Die Ukraine weiss aber auch: Ihre eigenen Männer dürfen nicht in Russland einmarschieren. «Das ist nicht im Sinn der Alliierten.» Deshalb werden sie sich wohl weiter auf russische Neonazis berufen, wenn es darum geht, ihren Feind in seiner Heimat anzugreifen.