Schon Anfang Januar kündigte der ukrainische Geheimdienstchef Kyrylo Budanow eine Gegenoffensive bei den laufenden Kriegshandlungen im Osten der Ukraine an. Nun bekräftigt sein Stellvertreter diese Pläne – und sorgt mit einer weiteren Ansage für Aufsehen.
Damit die geplante Offensive erfolgreich verlaufe, seien auch Angriffe auf russisches Territorium möglich, kündigte Wadym Skibitsky in einem Interview mit der Funke-Mediengruppe an. «Es ist möglich, dass wir auch Waffendepots oder Militärgerät auf russischem Territorium zerstören, etwa rund um die Stadt Belgorod», sagt der Vize-Geheimdienstchef. Von Belgorod aus würden Angriffe auf die Ukraine gestartet. «Das ist etwa eine Bedrohung für Charkiw.» Die Stadt im Osten der Ukraine ist seit Monaten immer wieder Schauplatz heftiger Kampfhandlungen.
Das Ziel der Gegenoffensive sei klar. Man wolle «alle besetzen Gebiete der Ukraine befreien». Dazu gehöre auch die von Russland annektierte Krim-Halbinsel. «Wir hören erst dann auf, wenn wir unser Land in den Grenzen von 1991 zurückhaben», so Skibitsky. Dafür wolle man einen Keil in die russische Front im Süden zwischen der Krim und dem russischen Festland treiben.
Erneute Forderung nach Kampfjets
Wann genau die Gegenoffensive starte, hänge von mehreren Faktoren ab, erklärte der Vize-Geheimdienstchef. Angedacht sei aber Frühling. «Zunächst hängt es von der Vorbereitung unserer Soldaten ab. Dann kommt es auf die westlichen Lieferungen von Waffen wie Panzern, gepanzerten Fahrzeugen, Raketen und Munition an – und auf die Ausbildung unserer Soldaten in westlichen Ländern.» Nicht zuletzt spiele auch die Moral der russischen Soldaten eine Rolle.
Im Rahmen der westlichen Unterstützung seien für eine erfolgreiche Gegenoffensive auch Kampfjets von wichtiger Bedeutung. Laut Skibitsky würden bereits Gespräche über eine mögliche Lieferung von Jets geführt. «Russland hat heute auf der Krim und nahe der Grenze zur Ukraine 430 Kampfflugzeuge und 370 Helikopter stationiert. Um diese auszuschalten, brauchen wir Kampfflugzeuge», sagte er. Die Forderung nach Kampfjets ist nicht neu. Zuletzt schlossen aber unter anderem die USA eine Lieferung von Kampfflugzeugen zumindest vorerst aus.
Weitere Mobilisierung in Russland?
Auch Russland führe Verhandlungen über Waffenlieferungen. So fordere der Kreml unter anderem iranische Mittelstreckenraketen. Auch mit China würden Verhandlungen laufen. «Nach unseren Informationen hat Russland derzeit aber keine Waffen und Munition aus China», so der Vize-Geheimdienstchef. Russland komme derzeit mit der Produktion von neuen Waffen, Munition und Artillerie nicht hinterher. Das sei eine grosse Schwachstelle.
Skibitsky hält es zudem für wahrscheinlich, dass Russland eine erneute Mobilisierung starten wird. «Wenn Russland riesige Verluste hat, wird es eine weitere grosse Mobilisierungswelle geben.» Im September mobilisierte der Kreml bereits über 300'000 Personen. Wegen der hohen Verluste an der Front wächst aber seit einiger Zeit auch in Russland die Furcht vor einer erneuten Mobilisierungswelle. Ukrainische Daten würden zeigen, dass sich derzeit rund 370'000 russische Soldaten in der Ukraine befinden würden, so der Vize-Geheimdienstchef. Diese Zahlen können nicht unabhängig überprüft werden. (zis)