Russisches Staatsfernsehen zeigt Razzia in Prigoschins Protz-Villa
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Geld und Waffen beschlagnahmt:Russisches Staatsfernsehen zeigt Razzia in Prigoschins Protz-Villa

Das Standbein Afrika wackelt
Wird Russland wegen Prigoschin-Putsch zur Regionalmacht degradiert?

Die Krise in Russland ist vorerst vorbei, aber es ist noch immer unsicher, was mit der Söldnertruppe Wagner passiert. Die Zukunft von Prigoschins Truppen könnte in den Händen Afrikas liegen. Eine Analyse.
Publiziert: 07.07.2023 um 10:24 Uhr
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Aktualisiert: 07.07.2023 um 13:37 Uhr
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Wird der russische Einfluss in Afrika schwinden, weil die Gruppe Wagner ins Exil gesandt wurde?
Foto: keystone-sda.ch
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Chiara SchlenzAusland-Redaktorin

Während Jewgeni Prigoschin (62) auf Moskau zumarschierte, war der Kreml nicht nur damit beschäftigt, die Ausbreitung der Meuterei im eigenen Land zu stoppen. Auch im riesigen ausländischen Imperium, das Prigoschins private Militärorganisation, die Gruppe Wagner, aufgebaut hatte, musste Schadensbegrenzung betrieben werden.

Russisches Staatsfernsehen zeigt Razzia in Prigoschins Protz-Villa
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Geld und Waffen beschlagnahmt:Russisches Staatsfernsehen zeigt Razzia in Prigoschins Protz-Villa

Denn: Egal wie wütend Kremlchef Wladimir Putin (70) auch auf Prigoschin sein mag, die Aktivitäten der Gruppe in Afrika sind zu wertvoll für ihn, um sie aufzugeben.

Gruppe Wagner ist Eckpfeiler der russischen Aussenpolitik

Wagner ist in einem Dutzend afrikanischer Staaten aktiv. In Mali haben die Söldner einen Vertrag direkt mit der Regierung, ebenso in der Zentralafrikanischen Republik. Wagner ist – oder war – auch in Burkina Faso, Libyen und im Sudan sowie auch in Syrien tätig. Viele Aktivitäten lassen sich aber nicht unabhängig überprüfen oder nachweisen.

Gerade wegen dieser undurchsichtigen Operationen ist die Wagner-Gruppe für den Kreml von unschätzbarem Wert. Mit ihren militärischen und geschäftlichen Ambitionen kann Moskau Länder beeinflussen und gleichzeitig glaubhaft abstreiten, involviert zu sein. Tatsächlich ist die Wagner-Gruppe eines von vielen, aber wohl das wichtigste Standbein der russischen Aussenpolitik.

Deshalb wird sich der Kreml wohl hüten, die afrikanischen Aktivitäten der Gruppe Wagner zu untergraben. Kein Wunder also, dass unabhängig von der kurzen «internen Affäre» in Russland, wie das chinesische Aussenministerium die Meuterei nannte, der Einsatz privater Militärfirmen auf dem afrikanischen Kontinent weitergehen wird.

Prigoschin braucht Geld aus Afrika

Auch Prigoschin wird seine Arbeit in Afrika wahrscheinlich nicht einstellen wollen. Mit seinem Konglomerat aus unterschiedlichen Unternehmungen in afrikanischen Ländern verdient er sich weiterhin eine goldene Nase.

Zudem hat der Kreml damit begonnen, Prigoschins unterschiedliche Geschäftsmodelle auseinanderzunehmen. Bereits einige Tage nach der gescheiterten Meuterei begannen mit Prigoschin verbundene Unternehmen, Aufträge für Schulmahlzeiten zu verlieren, wie mehrere unabhängige russische Medien berichteten. Auch Prigoschins Medienunternehmen sollen blockiert worden sein.

Über die Zukunft der Gruppe Wagner kann man aktuell nur spekulieren. Schlussendlich liegt die Zukunft der Söldner wahrscheinlich weder in den Händen des Kremls, noch in denen von Prigoschin. Der wichtigste Faktor bei der Entscheidung über Wagners Zukunft auf dem Kontinent sind wohl seine afrikanischen Kunden, die sich hilfesuchend an Russland wandten.

Wendet sich Afrika von Russland ab?

Seit der Meuterei haben die afrikanischen Eliten ihre Meinung über Russland aber möglicherweise geändert, so Jędrzej Czerep vom polnischen Institut für Internationale Angelegenheiten gegenüber «The Economist».

Einige von Russlands einflussreichsten Befürwortern in Afrika seien in den letzten Wochen still geworden. Dies zeigt, wie sehr die Unterstützung für Russland davon abhängt, dass es als mächtig genug angesehen wird, um seinen afrikanischen Kunden zu helfen, ihre eigenen Ziele zu erreichen.

Es ist beinahe ironisch: Dieselbe Gruppe, die Putin entsandt hat, um afrikanischen Führern bei der Beseitigung interner Probleme beizustehen, hat selbst einen Aufstand gegen die eigene Regierung inszeniert. Das ist nicht gerade eine gute Werbung für ein Regime, das Autokraten und Juntas im Ausland Schutz vor einem Putsch mithilfe der Söldnertruppe Wagner verkauft.

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