Granatsplitter, Knochenbrüche und Fleischwunden – die Spuren des Kriegs in der Ukraine sind blutig. Verwundete russische Soldaten hätten eigentlich Anrecht auf Versorgung und eine Entschädigung.
Damit die russischen Behörden keine Entschädigungen zahlen müssen, erhalten Vertragssoldaten einfach falsche Diagnosen. Und so landen auch schwer verwundete Soldaten wieder direkt an der Front. Das berichten mehrere Angehörige dem russischen Telegramkanal «Mojem Objasnit».
Ein Soldat mit Schusswunde wurde nach zehn Tagen im Lazarett wieder in den Kampf entsandt. Seine Frau beantragte die Versicherungszahlung, doch die Behörden weigerten sich. «Der Gouverneur sagt, er zahlt kein Geld für Beulen», hiess es. Statt der Schusswunde stand eine falsche Diagnose im Bericht. «Das machen sie bei allen mittelschweren Verletzungen», sagt die Frau.
Ein anderer Vertragssoldat berichtet, dass er einen Monat mit Krampfadern und schweren Prellungen weiterkämpfte – nicht nur gegen die Ukraine, sondern auch um sein Leben. «Er kam ins Krankenhaus, als er wegen der Krampfadern nicht mehr gehen konnte. Die Jungs haben ihn aus der Kampfzone getragen», erzählt die Mutter des Soldaten. Weil es ernst war, musste er sogar aus dem Lazarett in ein Spital in Samara verlegt werden.
«Du bist gar nicht so verletzt»
Doch einen Bericht – und damit Anspruch auf Versicherungszahlungen – gibt es bis heute nicht. Der Soldat kämpft wieder an der Front. «An wen sollen wir uns ohne Arztbericht wenden? Es hat keinen Sinn», so die Angehörige.
Eine weitere Frau erzählt, dass ihr Mann mehrere Gehirnerschütterungen im Kampf erlitten hatte. Mit dem ärztlichen Attest wandte sie sich an die zuständigen Behörden. «Sie behaupteten, mein Mann sei falsch diagnostiziert worden und habe in Wirklichkeit eine akute Atemwegsinfektion», erklärt sie. Dabei hätten andere Ärzte bestätigen können, dass es sich um Gehirnerschütterungen handelte. Für seinen tapferen Kampf gab es eine Medaille – Zahlungen erhielt der Verletzte nicht.
Schon im Juni berichtete das russische Nachrichtenportal «161RU» von Soldaten, die aus dem Donbas mit schweren Gehirnerschütterungen in andere Krankenhäuser verlegt wurden. Dort wurde einem der Männer gesagt: «Du bist gar nicht so verletzt hierhergekommen.»
Solche Fälle häufen sich. Wie der Telegramkanal «Agentsvo» bereits im Januar berichtete, werden verwundete Russen zurück an die Front geschickt, bevor die Ärzte die Genehmigung dafür erteilen. Viele Soldaten zahlen mit ihrem Leben dafür.
Keine Entschädigung für Hinterbliebene
Auch Hilfen für die Hinterbliebenen werden häufig nicht ausgezahlt. Zuerst wurden Leichen vor den Familienangehörigen versteckt. Ohne Leiche gibt es auch keinen Anspruch auf Zahlungen. Mittlerweile werden die Todesopfer zur Bestattung zwar nach Hause geschickt, doch Versicherungsleistungen fliessen trotzdem nicht. Sie bleiben monatelang in den Mühlen der Bürokratie stecken.
Die Organisation «Sogaz» kümmert sich um Zahlungen an Hinterbliebene der «Helden», die im Krieg fallen. Doch die Militärbehörden füllen die Anträge konsequent fehlerhaft aus. «Sogaz hat die Dokumente immer wieder an die Einheit zurückgeschickt, die sie immer wieder falsch zurückschickten. Und das geht nun schon seit Monaten so», sagt die Angehörige eines mobilisierten Soldaten, der im Krieg gefallen ist. Während Militär und Versicherung sich gegenseitig die Schuld für fehlende Leistungen zuschieben, steigt die Zahl der Verletzten und der Todesopfer stetig.