Nach der verheerenden Flutkatastrophe in Deutschland mit mehr als 170 Toten beginnen nun die grossen Aufräumarbeiten. Auch die Aufarbeitung durch die Politik und den Katastrophenschutz hat gerade erst begonnen. Allerdings zeigt sich schon jetzt, dass die Tragödie zumindest teilweise hätte verhindert werden können.
Viele Bewohner wurden von den Fluten überrascht. Eine Vorwarnung oder ein Alarm fehlte mancherorts komplett. Politiker begründeten die fehlende Warnung damit, dass es vielerorts keine klassischen Alarmsirenen mehr gebe. Damit fehle die Möglichkeit, die Bevölkerung hörbar zu warnen.
Absichtlich nicht ausgelöst
Doch das stimmt nicht. Die meisten gefluteten Gebiete verfügen über hochmoderne Alarmsirenen. Doch in der Katastrophennacht blieben sie in vielen Orten stumm. Der Grund: Die Behörden entschieden sich absichtlich dagegen, die Sirenen auszulösen.
«Der Alarm sorgt für Panik», begründet eine Leiterin der Krisenkommunikation des Rheinisch-Bergischen Kreises den Entscheid gegenüber dem Portal «T-Online». Gemäss dem üblichen Vorgehen löse man den Alarm erst aus, wenn in den Medien über die Gefahr und die Verhaltensmassnahmen informiert werde. Das sei allerdings in der Krisennacht zu spät passiert.
«Hätten wir die Sirenen ausgelöst, während in den Medien die Berichterstattung noch nicht breit lief, hätten alle Leute den Notruf angerufen», so die Leiterin weiter. Man habe befürchtet, dass die Nachfragen den Notruf lahmlegen. Allerdings gibt sie auch zu: «Niemand hat damit gerechnet, dass es solche Ausmasse annimmt.»
Niemand hat Überblick über Sirenen
In anderen Kreisen wurde zwar Alarm ausgelöst. Allerdings kam er längst nicht überall an. Es sei denkbar, dass an manchen Orten die Technik bereits gestört gewesen sei und deswegen die Sirenen nicht ausgelöst wurden, begründet ein Sprecher die ausbleibende Warnung.
Einen Überblick über die Anzahl der Sirenen hat indes niemand. Zuständig für die Warnung der Bevölkerung sind die einzelnen Regionen – Vorschriften gibt es nur wenige. Wie die Bevölkerung gewarnt wird, entscheidet jede Region selbst.
Selbst das Bundesamt für Bevölkerungsschutz hat keine Ahnung, wie viele Warnsirenen es in Deutschland gibt. Eine Bestandesaufnahme läuft zwar, Ergebnisse liegen jedoch erst Ende Jahr vor. Zu spät für die Opfer der Flutkatastrophe. (zis)