Britischer Forscher warnt
Delta-Variante macht Herdenimmunität unmöglich

Die Delta-Variante des Coronavirus ist ansteckender als frühere Mutationen. Zudem kann sie den Impfschutz besser durchbrechen. Experten glauben daher, eine allgemeine Immunität in der Bevölkerung sei ein Mythos.
Publiziert: 12.08.2021 um 13:58 Uhr
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Aktualisiert: 12.08.2021 um 16:34 Uhr
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Der Vorsitzende des britischen Ausschusses für Impfungen und Immunisierung (JCVI), Andrew Pollard, bei seinem ersten Impftermin im Januar.
Foto: AFP

Die Delta-Variante ist inzwischen vielerorts die dominierende Corona-Mutation. Derweil wird etwa in der Schweiz, in Deutschland und insbesondere in Israel trotz Impfkampagne eine Zunahme der Neuinfektionen verzeichnet. Jetzt meldet sich ein britischer Forscher zu Wort. Er glaubt, dass die Herdenimmunität wegen der Eigenschaften der Delta-Variante unrealistisch ist.

Immunität kann entweder durch Impfung oder durch eine überstandene Infektion erreicht werden. Allerdings ist der Schutz in keinem Fall zu Hundert Prozent gewährleistet. Andrew Pollard, Vorsitzender des britischen Ausschusses für Impfungen und Immunisierung (JCVI), sagte unlängst zu britischen Abgeordneten, Herdenimmunität zu erreichen sei keine Möglichkeit mit der derzeit dominanten Delta-Variante. Weil die Impfungen die Ausbreitung des Virus nicht aufhielten, sei das Erreichen der Schwelle für eine allgemeine Immunität in der Bevölkerung ein Mythos.

Verbreitung nicht zu stoppen

Das Konzept der Herdenimmunität beruht darauf, dass eine grosse Mehrheit der Bevölkerung eine Immunität erlangt – entweder durch eine Impfung oder eine überstandene Infektion. Dies wiederum bietet für die Ungeimpften und diejenigen, die noch nie infiziert waren, einen indirekten Schutz.

«Die Delta-Variante wird Menschen trotz Impfung infizieren», wird Pollard von «The Guardian» zitiert. «Und das heisst, dass jeder, der immer noch ungeimpft ist, irgendwann auf das Virus treffen wird.» Es gebe derzeit nichts, das diese Übertragung vollständig verhindern werde.

Studie: Geimpfte haben 49 Prozent geringeres Risiko

Obwohl auch Menschen infiziert werden, die vollständig gegen Corona geimpft sind, gehen Experten davon aus, dass die Impfungen auch im Falle der Delta-Variante einen hohen Schutz bieten. Wie aus einer Studie des Imperial College London hervorgeht, haben vollständig Geimpfte im Alter zwischen 18 und 64 Jahren ein 49 Prozent geringeres Risiko infiziert zu werden als Ungeimpfte. Zudem ist laut den Erkenntnissen die Wahrscheinlichkeit bei vollständig Geimpften, nach einem Kontakt mit einem Covid-Patienten positiv getestet zu werden, rund halb so gross (3,84 Prozent) wie bei Ungeimpften (7,23 Prozent).

Eine dritte Impfdosis ist laut Pollard trotz allem im Moment nicht nötig. «Der Zeitpunkt, zu dem wir eine Auffrischung vornehmen müssten, wäre dann, wenn wir Hinweise auf eine Zunahme der Spitaleinweisungen – oder die Stufe danach, das heisst bei den sterbenden Menschen – unter den Geimpften feststellen würden.» Das sei derzeit nicht der Fall. «Es gibt im Moment keinen Grund zur Panik. Wir sehen kein Problem mit schweren Krankheitsdurchbrüchen bei Geimpften», sagte Pollard.

Neue Varianten im Anzug?

Experten warnen derweil vor der Möglichkeit, dass sich neue Corona-Varianten entwickeln, die den Immunschutz noch besser umgehen könnten. Einer von ihnen ist der US-Corona-Experte und Regierungsberater Anthony Fauci. «Wenn Sie dem Virus erlauben, frei zu zirkulieren, und nicht versuchen, es zu stoppen, dann gibt es früher oder später die Wahrscheinlichkeit, dass Sie eine andere Variante bekommen», sagte Fauci kürzlich zu NBC. Diese könnte schliesslich noch problematischer sein als Delta, so der Immunologe.

Gegen Delta funktioniere die Impfung immer noch recht gut, sagte Fauci. Es bestehe jedoch die Gefahr, dass sich am Ende eine Variante entwickle, die den Impfschutz umgehen könnte. (noo)

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