Blutige Kämpfe in Syrien
Plant Assad eine Rückkehr an die Macht?

Innerhalb nur weniger Tage sind in Syrien über 1000 Menschen getötet worden. War es das mit dem erhofften Frieden? Wir sagen, warum der Konflikt wieder aufflammt und ob der ehemalige Herrscher Assad zurückkehrt.
Publiziert: 09.03.2025 um 16:56 Uhr
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Aktualisiert: 10.03.2025 um 10:03 Uhr
Angehörige der syrischen Sicherheitskräfte gehen hart gegen die Aufständischen vor.
Foto: keystone-sda.ch

Auf einen Blick

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Guido FelderAusland-Redaktor

Die Hoffnung auf Frieden war gross, doch jetzt flammt der Bürgerkrieg in Syrien wieder auf. Bei blutigen Kämpfen sind nach Schätzungen von Menschenrechtsaktivisten über 1000 Menschen getötet worden – davon rund 750 Zivilisten. Das Blutvergiessen hatte am Donnerstag begonnen, als Anhänger des ins Exil geflüchteten Diktators Bashar al-Assad (59) in einer koordinierten Aktion Sicherheitskräfte der neuen Machthaber überfallen haben.

Es stellt sich die bange Frage: Kehrt der Bürgerkrieg wieder zurück? Gelangt sogar der gefürchtete Herrscher Assad wieder an die Macht? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Warum flammt der Konflikt jetzt wieder auf?

Nachdem am 8. Dezember 2024 die islamistische Gruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS) Assad gestürzt hatte, versprach die Übergangsregierung, alle Völker und Glaubensrichtungen zu akzeptieren. Dennoch kam es immer wieder zu Übergriffen auf Alawiten, zu denen Assad zählt.

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Der ehemalige Machthaber Baschar al-Assad ist nach seinem Sturz nach Moskau geflüchtet.
Foto: IMAGO/ABACAPRESS

Konkreter Auslöser für die nun blutigen Kämpfe waren Verhaftungen früherer Assad-Offiziere. Die Alawiten reagierten mit Angriffen auf Sicherheitskräfte der neuen Herrscher in der Nähe der Küstenstadt Dschabla.

Wie reagiert die neue Regierung?

Die Übergangsregierung fuhr am Freitag mit Artillerie, Panzern und Raketenwerfern auf. Die in Grossbritannien ansässige Beobachtungsstelle für Menschenrechte spricht von Massakern an den Alawiten – auch an Kindern. Übergangspräsident Ahmed al-Scharaa (42) wandte sich am Sonntag an die Bevölkerung. Er sagte: «Seien Sie beruhigt, was Syrien angeht, dieses Land hat die Eigenschaften zum Überleben. Was derzeit in Syrien geschieht, liegt im Rahmen der erwarteten Herausforderungen.»

Wer profitiert vom Aufstand?

Profitieren dürfte in erster Linie der IS, der sich durch die Schwächung des neuen Regimes wieder ausbreiten kann. Aber auch der Iran und Russland dürften die Lage nutzen, um den Einfluss in Syrien wieder auszubauen. So schreibt das Institute for the Study of War (ISW), dass die Assad-Getreuen die Unterstützung von Russland, des Irans und der Hisbollah suchen würden.

Das ISW: «Diese Bemühungen sind nur ein Vorspiel: Die Hisbollah und der Iran werden versuchen, ihre Nachschublinien durch Syrien mithilfe dieses Aufstands wieder aufzubauen.» Der Iran unterstützt die im Libanon stationierte Terrororganisation Hisbollah mit Raketen und andern Waffen, die gegen Israel eingesetzt werden.

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Kehrt Assad jetzt wieder an die Macht zurück?

Diktator Assad war nach seinem Sturz nach Moskau geflohen, wo er mehrere Luxuswohnungen besitzt. Wie weit sein Einfluss auf die Aufständischen ist, weiss man nicht. Moshe Maoz, Nahost-Experte an der Hebräischen Universität Jerusalem, sagt gegenüber der «Bild»-Zeitung: «Es gibt immer noch Elemente des alten Regimes, die versuchen, Widerstand zu leisten.»

Assad standen früher die berüchtigten Schabiha-Milizen zur Seite. Es ist möglich, dass sie sich nach Assads Sturz zurückgezogen haben und nun aus dem Untergrund operieren. Es gibt keine Anzeichen dafür, dass Assad eine Rückkehr an die Macht plant. Die neu herrschende HTS ist stark und geniesst in weiten Teilen der Bevölkerung Rückhalt.

Muss man die Hoffnung auf einen Frieden begraben?

Nahost-Experte Moshe Maoz geht nicht von einem schnellen Ende der Kämpfe aus. Auch Sicherheitsexperte Peter R. Neumann meint auf X: «Der Iran mischt kräftig mit. So einfach wie von Experten vorausgesagt wird der Machtwechsel sicher nicht.» Nach zehn Jahren Bürgerkrieg stünden noch viele Rechnungen offen.

Syriens Nachbarländer Türkei, Jordanien und Irak treffen sich am Sonntag in Amman mit syrischen Vertretern, um über die Sicherheit, die Terrorbekämpfung und organisierte Kriminalität zu beraten. Im Fokus stehen dabei die Extremisten des IS.

Das ISW fordert von der internationalen Gemeinschaft umfangreiche Hilfen. Diese sollen an strenge Bedingungen geknüpft sein, die von der Übergangsregierung Transparenz und integratives Vorgehen verlangen. Zudem sollen Verbrechen konsequent aufgeklärt und geahndet werden. Das ISW: «Die internationale Gemeinschaft muss eine Kombination von Unterstützung und Druck einsetzen.»

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