Xi Jinping (70) und Wladimir Putin (71) bauen an einer neuen Weltordnung: Weg mit der Vorherrschaft des Westens, jetzt wollen die Präsidenten von China und Russland global den Ton angeben. Ein Instrument dazu ist das Bündnis der Brics-Staaten. Brics? Es sind die Anfangsbuchstaben der bisherigen Mitgliedsländer Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika.
Der 1. Januar 2024 ist für die Brics ein wichtiges Datum. Dann soll der Club zu Brics+ erweitert werden. Aufgenommen werden Iran, Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), Ägypten und Äthiopien. Und auch Argentinien feierte noch im August, bald Teil der Brics+-Gruppe zu sein. Allerdings gibts kurz vor der Erweiterung einen herben Dämpfer.
Der neue Präsident, der libertäre Javier Milei (53), hat mit dem Bündnis nichts am Hut. «Wir paktieren weder mit Kommunisten, noch akzeptieren wir Verhandlungen oder Geschäfte mit Kommunisten.»
Ausweitung auf islamische Länder
Auch sonst läuft für die Brics-Staaten nicht alles rund. So können sie sich zum Beispiel nicht auf eine gemeinsame Meinung zum Nahost-Krieg einigen. Während sich China, Brasilien und Südafrika pro-palästinensisch positionieren, stellt sich Indien hinter Israel.
Mit der Erweiterung 2024 dehnt sich das Brics-Bündnis in den Nahen Osten aus. Islamische Länder erhoffen sich mit einem Beitritt mehr Einfluss. Und der vom Westen sanktionierte Iran erwartet, dass nun die Bündnispartner fleissig investieren.
Überhaupt geht es um gegenseitige Geschäfte: China und Indien als grösste Energieschleudern der Welt sind nun näher dran an den grössten Erdölproduzenten. Auch das grosse Geschäft mit Seltenen Erden können die an Bodenschätzen reichen Bündnisstaaten unter sich aufteilen.
Misstrauen gegen Iran
Doch es gibt Probleme: Denn die Staaten haben das Heu nicht auf der gleichen Bühne. Saudi-Arabien und die VAE misstrauen dem Iran wegen dessen Atomprogramms, und Ägypten und die VAE stehen mit Israel in Kontakt, das vom Iran als Todfeind angesehen wird. Aus diesem Grund wollen es sich Länder wie Saudi-Arabien und die VAE mit dem Westen nicht verscherzen.
Die Ausdehnung in den Nahen Osten ist laut Nahost-Expertin Nebahat Tanriverdi Yasar ein Wendepunkt für die Region. Mit Verweis auf die chinesischen Vermittlungen zwischen dem Iran und Saudi-Arabien sagt sie in der «Schwäbischen Zeitung»: «China hat ganz offensichtlich damit begonnen, als Ergänzung seines wirtschaftlichen Einflusses in der Region seine diplomatische Rolle auszubauen.»
Autonomie als Stärke
Ausser der New Development Bank (NDB), einer Entwicklungsbank, die die Brics 2014 als Gegenpol zum Internationalen Währungsfonds und der Weltbank gegründet haben, verbindet die Bündnisstaaten wenig. Aber gerade das könnte eine Stärke sein.
Brics-Experte Günter Maihold von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin: «Der ‹Multilateralismus à la carte› erlaubt es den Mitgliedern, ihre Zusammenarbeit einzuschränken, wenn ihre Interessen divergieren, und von kollektiven Brics-Einrichtungen wie der NDB zu profitieren, wenn diese mit ihrem Interessenprofil übereinstimmen.» Diese flexibilitätswahrende Komponente sei das Element, das den Zusammenhalt der heterogenen Versammlung politischer Akteure bis heute gesichert habe.
So glaubt Maihold unter dem Strich doch an eine möglicherweise erfolgreiche Zukunft der Brics. «Gerade unter dem Gesichtspunkt wachsender internationaler Konfrontationen suchen viele Länder nach einem gemeinsamen Standpunkt, der sie nicht in den Strudel von Sanktionen und deren Folgen bringt – etwas, das die Brics gegenwärtig anbieten.»