Joe Biden (80) hat zwei Probleme: Sein Alter – und eine Frau. Mit 80 Jahren ist er der älteste US-Präsident. Sollte er wiedergewählt werden, wäre er 82 Jahre alt, wenn er für eine zweite Amtszeit vereidigt wird. Und 86 Jahre alt am Ende seiner Amtszeit. Nichts, womit die Demokraten werben könnten.
Noch schwerer dürfte aber seine Unterstützerin ins Gewicht fallen: Vizepräsidentin und Thronfolgerin Kamala Harris (58). Biden setzt die Kalifornierin in seinem dreiminütigen Kampagnen-Video prominent in Szene. Bei Gesprächen mit dem Präsidenten im Oval Office, bei Spaziergängen durchs Weisse Haus und beim Umarmen der First Lady Jill Biden (71). Für Beobachter erstaunlich – ist Harris doch eigentlich eine Randerscheinung in der amerikanischen Regierung.
Dreizehnmal sieht man Harris insgesamt im Video. Kein Wunder erhält sie die zweite Hauptrolle: Wenn Biden zu alt und zu schwach ist, muss seine Vize übernehmen. Umso wichtiger ist es, Harris raus aus der politischen Peripherie und ins Rampenlicht zu rücken. Sie hat es dringend nötig.
Vizepräsidentin bleibt für Wähler ungreifbar
«Wo ist Kamala Harris?», titelten nämlich diverse internationale Zeitungen immer wieder, seit sie im Amt der Vizepräsidentin ist. In Vorbereitung auf den engen Wahlkampf 2024 scheint Biden nun klarmachen zu wollen: «Hier ist Kamala Harris!»
Für viele Wählerinnen und Wähler ist und bleibt die Vizepräsidentin ungreifbar. Das zeigt sich auch in ihren Zustimmungswerten: Anfang April waren nur 40 Prozent der US-Bürger für sie, 51,9 Prozent gegen sie. Und 8,1 Prozent wussten nicht, wie sie zu der zweitmächtigsten Person im Land stehen sollen. Somit ist Harris von den letzten fünf Vizepräsidenten mit Abstand die Unbeliebteste.
Und das, obwohl Harris noch 2020 als Hoffnungsträgerin galt. Verhältnismässig jung, die erste Frau und die erste schwarze Person in der Rolle der politischen Nummer Zwei. Bloss fiel Harris wenn, dann nur negativ auf. Ende 2021 konnte sie sich vor Negativschlagzeilen kaum noch retten: Mobbingvorwürfe, eine Kündigung in ihrem Büro nach der anderen, zu schlechte Beziehungen in der amerikanischen Politik.
Von der Hoffnungsträgerin zur Enttäuschung
Experten wie der «New York Times»-Kolumnist Thomas L. Friedman (69) rätseln über die Gründe ihrer schlechten Performance: Hat sie als erste (schwarze) Frau im Amt mit Sexismus und Rassismus zu kämpfen? Ist der Job der Vizepräsidentin zu undankbar? Oder ist sie schlichtweg überfordert?
Fakt ist: Biden muss sich den Vorwurf gefallen lassen, mitschuldig zu sein an der Demontage von Harris. Er hat ihr unlösbare Aufgaben übertragen. Die erste besteht darin, die Ursachen für die illegale Einwanderung aus mittelamerikanischen Ländern in die USA zu bekämpfen. Zudem muss sie eine nationale Wahlrechtsreform durchsetzen. Themen, bei denen die Vize es keinem recht machen kann.
«Dream Team» ist demokratisches Armutszeugnis
Harris' schwerer Stand in Politik und Bevölkerung könnte zu einem grossen Problem werden. Denn auch wenn sich Biden und Harris auch 2024 an Ex-Präsident Donald Trump (78) messen müssen, ist die Ausgangslage nun eine andere. Dieses Mal wird Bidens Partnerin eine viel grössere Bedeutung haben – nur fehlen ihr diesmal die Vorschusslorbeeren komplett.