Umfragen im Keller, miese Presse, Mitarbeiter weg
Die Probleme der Kamala Harris

Als erste Frau steht Kamala Harris mit an der Spitze der USA. Doch elf Monate nach Amtsantritt kämpft die ehrgeizige Vizepräsidentin mit Negativ-Schlagzeilen. Was ist da los?
Publiziert: 11.12.2021 um 19:48 Uhr
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Aktualisiert: 12.12.2021 um 06:18 Uhr
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Frustrierender Start als Vizepräsidentin: Kamala Harris.
Foto: keystone-sda.ch
Fabienne Kinzelmann

US-Präsident Joe Biden (79) ist unbeliebt. Noch unbeliebter ist aber seine Stellvertreterin. Ein knappes Jahr nach Amtsantritt kennen Kamala Harris' (57) Zustimmungswerte nur eine Richtung: nach unten.

Nur noch gut 40 Prozent der Amerikaner sind mit Bidens Nummer zwei zufrieden, mehr als die Hälfte lehnt sie ab. Selbst Dick Cheney (80), George W. Bushs umstrittenen Vize, hat sie damit unterboten. «Nach weniger als einem Jahr in der Regierung ist die erste schwarze Frau im zweithöchsten Amt der USA weniger beliebt als ihr Vorvorgänger, der einst einem Jagdkameraden ins Gesicht schoss», kommentierte eine Zeitung trocken.

Auch im Weissen Haus herrscht Disharmonie. Das zeigt eine CNN-Enthüllung von Ende November. Auf rund 30’000 Zeichen sezierten die Reporter Harris' «frustrierenden» Start als Vizepräsidentin. Sie berichteten von ausbleibenden Erfolgen, Mobbingvorwürfen – und davon, dass Bidens Team die Demokratin aus Kalifornien praktisch kaltstelle, weil sie ihrer Aufgabe nicht gewachsen sei.

Biden-Sprecherin beklagt Sexismus

Die «Washington Post» zog mit eigenen Quellen nach und warf der Topdemokratin chaotische Büro-Zustände, mangelnde Professionalität und Führungsversagen vor. Vier enge Mitarbeiter haben just gekündigt, zuletzt vor zehn Tagen Chef-Sprecherin Symone Sanders (32).

Woran liegt das? An Sexismus und Rassismus, wie Bidens Sprecherin Jen Psaki (43) in einem «Politico»-Interview erklärte? An Harris' Persönlichkeit? An zu hohen Erwartungen an Bidens Nummer zwei? Oder an den generellen Problemen der Biden-Regierung?

Schwierige Aufgaben und wenig Erfahrung

Für Biden und sein Team läuft es seit Wochen nicht gut. Zwei rebellische Demokraten torpedierten das Infrastruktur-Paket, die Gouverneurswahl im vorwiegend demokratischen Virginia ging verloren, und die Inflation ist auf dem höchsten Stand seit 40 Jahren: Im November kosteten Waren und Dienstleistungen 6,8 Prozent mehr als ein Jahr zuvor.

Dass Harris' eigener Leistungsausweis so schlecht erscheint, dürfte verschiedene Gründe haben. Mit der Grenzkrise hat sie etwa eine Sisyphus-Aufgabe übernommen. Zuletzt zwang ein texanischer Bundesrichter die Biden-Administration gar, Trumps umstrittenes «Remain in Mexico»-Programm wieder in Kraft zu setzen, mit dem Schutzsuchende bis zur Bearbeitung ihrer Asylanträge in grenznahe mexikanische Städte verfrachtet werden.

Auch Harris' Vita hilft ihr wenig. Sie war nur vier Jahre Senatorin, bevor sie Vizepräsidentin wurde. Im Kapitol ist sie darum zu schlecht vernetzt, um für Gesetzesvorhaben die Stimmung auszuloten und Mehrheiten zu organisieren. «Polit-Dinosaurier» Joe Biden konnte das als Vizepräsident unter Barack Obama (60) machen, weil er sein ganzes Leben in Washington verbracht hat. Und natürlich kann sie auch kaum eine ähnliche «Bromance» mit ihrem Chef pflegen – als 22 Jahre jüngere Frau.

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Kann Harris die Stimmung drehen?

Beobachter loben etwa einen glänzenden Auftritt von Harris in Paris. Und ihre Zurückhaltung. Schliesslich soll die Vize die Agenda des Präsidenten stützen – ihn aber bloss nicht in den Schatten stellen.

Das ist schwierig für die Nummer zwei, die gern selbst die Nummer eins geworden wäre. Sie muss klären, wie sie die Stimmung in der Öffentlichkeit drehen kann, wenn sie Biden 2024 beerben will.

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