Bevorstehender Gefangenenaustausch
Darum wollte Putin ausgerechnet jetzt Nawalny tot sehen

Der im russischen Straflager verstorbene Kremlkritiker Alexei Nawalny hätte laut seinem Team gegen den in Deutschland inhaftierten Tiergartenmörder ausgetauscht werden können.
Publiziert: 26.02.2024 um 13:42 Uhr
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Aktualisiert: 26.02.2024 um 14:41 Uhr
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Der plötzliche Tod von Putin-Kritiker Alexei Nawalny sorgte vor zwei Wochen für Entsetzen.
Foto: keystone-sda.ch

Der im russischen Straflager ums Leben gekommene Kreml-Gegner Alexei Nawalny (†47) hätte Angaben seines Teams zufolge gegen den in Deutschland inhaftierten Tiergartenmörder ausgetauscht werden können.

«Nawalny sollte in den nächsten Tagen freikommen, weil wir eine Entscheidung zu seinem Austausch erreicht hatten», sagte die politische Direktorin des Nawalny-Fonds für die Bekämpfung der Korruption, Maria Pewtschich, am Montag in einem auf Youtube veröffentlichten Video.

«Das ist das absolut unlogische, irrationale Verhalten eines verrückten Mafiosos»

Anfang Februar sei Kremlchef Wladimir Putin (71) ein Angebot unterbreitet worden, wonach der im Dezember 2021 in Deutschland verurteilte Tiergartenmörder Wadim K. an Russland übergeben hätte werden können – im Austausch gegen Nawalny und zwei US-Amerikaner. Wer genau an der Ausarbeitung dieser vermeintlichen Austauschpläne beteiligt gewesen sein soll und wie konkret sie waren, sagte Pewtschich nicht. 

Pewtschich warf Putin vor, daraufhin persönlich die Tötung Nawalnys angeordnet zu haben. Er habe Nawalny um keinen Preis freigeben wollen. Er habe erkannt, dass der Westen bereit sei, Wadim K. auszutauschen und dann entschieden, Nawalny als Tauschobjekt loszuwerden, vermutet Pewtschich. «Das ist das absolut unlogische, irrationale Verhalten eines verrückten Mafiosos», sagte sie.

Wadim K. hat 2019 in Berlin einen Exil-Tschetschenen ermordet. K. soll den Mord im Auftrag staatlicher russischer Stellen verübt haben. Immer wieder war spekuliert worden, dass Putin ihn im Zuge eines Gefangenenaustauschs freibekommen wollte. Zuletzt hatte er dies in einem Interview mit dem US-Talkmaster Tucker Carlson (54) quasi bestätigt. 

«Natürlich kann der Kreml keinen Druck ausüben»

Nawalny starb am 16. Februar nach Behördenangaben im Straflager mit dem inoffiziellen Namen Polarwolf in der sibirischen Arktisregion Jamal. Die Umstände seines Todes sind nicht geklärt. Der durch den Giftanschlag 2020 und wiederholte Einzelhaft im Lager geschwächte Politiker soll bei einem Rundgang auf dem eisigen Gefängnishof zusammengebrochen und trotz Wiederbelebungsversuchen gestorben sein. Nach Angaben von Nawalnys Team ist im Totenschein von «natürlichen» Ursachen die Rede. 

Mehr als eine Woche lang hielten die Behörden die Leiche unter Verschluss. Immer noch ist unklar, wo und wie die Bestattung stattfinden soll. Mutter Ljudmila Nawalnaja forderte eine öffentliche Beerdigung, damit sich nicht nur Familienangehörige, sondern auch Anhänger vom russischen Oppositionsführer verabschieden können. Eine Aufforderung der Ermittler, einer heimlichen Beerdigung zuzustimmen, hatte Nawalnaja abgelehnt und den Behörden öffentlich Erpressung vorgeworfen. 

Nach dem tagelangen Ringen um die Leiche hat der Kreml versuchte Einflussnahme auf dessen Angehörige abgestritten. «Natürlich kann der Kreml keinen Druck ausüben. Das sind weitere absurde Äusserungen der Anhänger (Nawalnys)», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow (56) am Montag der Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Nawalnys Mutter hat am Wochenende den Leichnam ihres Sohnes erhalten, nachdem sie zuvor Russlands Präsident Wladimir Putin zu dessen Herausgabe aufgefordert und öffentlich Druck vonseiten der Ermittler beklagt hatte. Diese hätten sie dazu drängen wollen, ihren Sohn heimlich zu beerdigen, sagte sie. (SDA/jmh)

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