Russland setzt seinen Ukraine-Krieg im Osten des Landes fort. Trotz gewaltigen Verlusten verpflichtet Präsident Wladimir Putin (69) immer mehr Soldaten, um die beiden selbst ernannten «Volksrepubliken Donezk und Luhansk zu befreien», wie die russische Propaganda den Krieg bezeichnet.
Wer als junger Mann in Russland sein 27. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, kann jederzeit in die Armee einberufen werden. Wie die «Welt» berichtet, würden Rekruten zwar offiziell nicht an die Front geschickt. Dennoch seien auch immer wieder junge Männer unter den Gefallenen.
Junge Russen suchen deshalb nach Wegen, um nicht ins Militär zu müssen. Auf einer Internetplattform berichtet ein 20-Jähriger, wie er es geschafft hat, nur Ersatz- statt Militärdienst leisten zu müssen. «Ihr werdet es schaffen. Man muss nur seine Rechte kennen und hartnäckig bleiben», so sein Fazit.
Immer mehr Widerstand
Auch Berufssoldaten würden ihre Verträge auflösen, um nicht in der Ukraine kämpfen zu müssen, berichtet ein anonymer Menschenrechtsanwalt. Es dürfte dieses Jahr «mehrere Hundert» solcher Vertragsauflösungen geben. In den Vorjahren hingegen sei kaum ein Vertrag aufgelöst worden.
Die Armee versuche, die Vertragsauflösungen zu verhindern. Die Soldaten würden unter Druck gesetzt und bei Freunden und Verwandten diffamiert. «Aber am Ende lässt man sie ziehen – noch», so der Anwalt. Denn wie lange Russland diese Militärdienstverweigerungen zulassen wird, sei unklar.
Auch sonst formiert sich immer mehr Widerstand. Gruppen von Aktivistinnen und Aktivisten informieren auf Telegram oder in sonstigen sozialen Medien über den Krieg in der Ukraine. Sie zeigen das, was Putins Propaganda unter Verschluss halten will. Zudem bieten sie psychologische Hilfe für Geflüchtete an.
«Wollen, dass unser Land erfährt, wie Ukrainer an diesem Krieg leiden»
In den vergangenen Wochen gründete sich zu dem eine neue Widerstandsgruppe, der sogenannte «Schienenwiderstand». Rund 14'000 Menschen folgen den Aktivisten auf Telegram. Dort rufen sie dazu auf, Zugstrecken Richtung Ukraine und Belarus für russische Züge unbefahrbar zu machen.
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Dafür sollen Anlagen der Bahninfrastruktur beschädigt oder Gleise zerstört werden. Und die Aktivisten scheinen Erfolg zu haben: Zwischen März und Juni entgleisten 63 Güterzüge in Russland. Das sind doppelt so viele, wie im gleichen Zeitraum des vergangenen Jahres.
Auch Anschläge auf Fabriken oder Büros gibt es immer wieder. So wird etwa in Fabriken Feuer gelegt. Wer genau dahintersteckt, ist bislang nicht genau geklärt. Zumindest für einen der Anschläge dürften russische Untergrundkämpfer verantwortlich sein.
Eine Aktivistin sagte zur«Welt»: «Wir wollen, dass unser Land erfährt, wie Ukrainer an diesem Krieg leiden, wie die Wirtschaftslage der Russen sich verschlechtert. Und wir wollen all jene unterstützen, die das russische Regime wegen ihrer Antikriegshaltung ins Visier nimmt.» (zis)