Belarus-Sprinterin entkam Entführung
«Der Trainer sagte, ich hätte noch 40 Minuten»

Nach dem Entführungs-Vorwurf der Sprinterin Kryszina Zimanouskaja (24) gegen die Belarus-Verantwortlichen sitzt die Sportlerin auf der polnischen Botschaft in Tokio fest. Nun schildert sie neue Details zu ihrem abrupten Abzug aus dem olympischen Dorf.
Publiziert: 03.08.2021 um 19:16 Uhr
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Aktualisiert: 04.08.2021 um 06:00 Uhr
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Gegenüber «Bild» sprach die Belarus-Sprinterin Kryszina Zimanouskaja über den Entführungs-Versuch.
Foto: keystone-sda.ch

Eigentlich wollte Kryszina Zimanouskaja auf der Rennbahn in Tokio Top-Zeiten liefern. Stattdessen begann am Sonntag ein ganz anderer Lauf gegen die Uhr für die 24-jährige Sprinterin aus Belarus.

Hals über Kopf musste Zimanouskaja am 1. August von den Olympischen Spielen in Japan abreisen. Wegen ihrer «emotional-psychischen Verfassung» sollte die Athletin aus dem Team fliegen. So zumindest die offizielle Version. Wahrscheinlicher aber ist, dass es sich dabei um eine Strafaktion handelte. Denn Zimanouskaja hatte es gewagt, die Mächtigen im belarussischen Verband zu kritisieren.

Mittlerweile ist die Läuferin in der polnischen Botschaft in Tokio. Sie glaubt: Hätte sie sich nicht gegen die Abreise gewehrt und noch am Flughafen um Hilfe gerufen, wäre sie jetzt verschleppt und zum Schweigen gebracht worden. Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki schreibt auf Facebook von einem «kriminellen Versuch, die Sportlerin zu entführen».

Entführungsversuch von Lukaschenko?
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Schon am Vorabend wurden der Athletin Konsequenzen angedroht

Gegenüber «Bild» schildert Zimanouskaja nochmals den Wahnsinn, mit dem für die junge Sprinterin der olympische Wettbewerb so abrupt geendet hatte. «Der Trainer sagte mir, dass ich 40 Minuten habe, um meine Sachen zu packen und zum Flughafen zu fahren», erinnert sich die Belarussin. Da war ihr sofort klar, dass dies kein gewöhnlicher Abzug einer Athletin sein würde.

Schon am Vorabend des 1. August machte der Trainer von Zimanouskaja Anspielungen, die bei der Sprinterin die Alarm-Glocken läuten liessen. «Ich wollte nicht nach Belarus, weil er mir schon am Abend gesagt hatte, dass ich Probleme bekommen könnte, wenn ich zurückkehre.» Ihr würden ernsthafte Konsequenzen drohen, wenn sie sich nicht an die Anweisungen des Verbands halte. «Die Entlassung aus dem Nationalteam, womöglich noch mehr...»

Hoffnung auf Asyl in Europa

Dass Kryszina Zimanouskaja bei den Verantwortlichen in Belarus so in Ungnade gefallen ist, hat mit ihrer öffentlichen Kritik am eigenen Staff zu tun. Die Rede ist von mangelhafter Vorbereitung, Versäumnissen bei Doping-Tests und fragwürdigen Aufgeboten von Athleten. Nichts, womit sich die Sportlerin beim Verband neue Freunde gemacht hätte. Nach ein Mal Gold und ein Mal Bronze steht Belarus im Olympia-Medaillenspiegel aktuell auf dem 49. Rang.

Nun ist Zimanouskaja zwar in Sicherheit, aber völlig isoliert. Zum eigenen Team oder zu den übrigen Athleten im olympischen Dorf gibt es keinen Kontakt. Aus der Heimat bekommt sie nur versteckt und über private Kanäle Unterstützung. Alle würden sich vor Konsequenzen fürchten, erklärt Zimanouskaja im Interview mit der «Bild». Nach Belarus zurückzukehren ist darum für die junge Frau keine Option mehr. Sie hofft auf Asyl irgendwo in Europa. (cat)


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