Belarussische Leichtathletin Krystsina Tsimanouskaya (24) entzieht sich in letzter Sekunde Lukaschenkos Häschern
Sprint in die Freiheit

Die Belarus-Sprinterin Krystsina Tsimanouskaya (24) legte sich bei den Olympischen Sommerspielen mit ihren Funktionären an. Nicht ohne Folgen für die Sportlerin: Sie wurde vom Regime nach Minsk beordert, am Airport gelang ihr die Flucht.
Publiziert: 02.08.2021 um 19:47 Uhr
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Auf der Tartanbahn in Tokio: Die belarussische Sprinterin Krystsina Tsimanouskaya.
Foto: AFP
Daniel Riedel

Sie entging dem langen Arm des Regimes in letzter Sekunde. Die belarussische Sprinterin Krystsina Tsimanouskaya (24) hatte sich an den Olympischen Spielen in Tokio mit ihren Funktionären angelegt. Der Grund: Die Leichtathletin sollte in «falschen» Disziplinen antreten, weil zu viele belarussische Athleten zu wenige Doping-Kontrollen gemeistert hatten. Tsimanouskaya hätte plötzlich für die 4x400-m-Staffel starten sollen – anstatt auf ihrer Paradestrecke 200 m. Auf Instagram machte sie die Ausbootung publik und landete im Visier von Machthaber Alexander Lukaschenko (66), der die Olympionikin umgehend nach Minsk beorderte.

Zusammen mit zwei Funktionären wurde sie zum Flughafen in Tokio gefahren, das belarussische Olympische Komitee (NOK) begründete die Abreise mit der «emotional-psychischen Verfassung» seiner Athletin. Vor Ort ahnte Tsimanouskaya die Gefahr und wandte sich an japanische Sicherheitskräfte: «Ich mache mir Sorgen um meine Sicherheit. Und ich denke, dass es im Moment in Belarus für mich zu unsicher ist.» Sie weigerte sich, ins Flugzeug zu steigen.

Nacht im Airporthotel

Stattdessen verbrachte die Belarussin die Nacht in einem Flughafenhotel – unter Aufsicht des Olympischen Komitees (IOC). IOC-Sprecher Mark Adams bestätigte: «Sie hat die Nacht in einem Flughafenhotel in einer sicheren Umgebung verbracht. Sie hat uns versichert, dass sie sich sicher fühlt.» Im Anschluss an die Entführungs-Meldung boten mehrere europäische Länder (Frankreich, Tschechien und Polen) der Sportlerin ihre Hilfe an. Das Rennen dürfte dabei Polen machen, denn dort wurde ihr auch eine Weiterführung der sportlichen Karriere angeboten. Polens Vize-Aussenminister schrieb auf Twitter: «Sie hat die freie Wahl, ihre sportliche Karriere in Polen fortzusetzen, wenn sie sich dafür entscheidet.»

Schon seit gestern hielt sich Tsimanouskaya in der polnischen Botschaft in Tokio auf. Sie soll im Laufe der Woche nach Warschau reisen können. Und auch ihr Mann, der als Trainer in Belarus arbeitet, hat sich bereits den drohenden Repressalien entzogen. Er flüchtete aus dem Land und hält sich mittlerweile in Kiew (Ukraine) auf. Zu lokalen Medien sagte er: «Ich hoffe, meiner Frau in naher Zukunft nach Polen zu folgen.»

Suspendierung der belarussischen Delegation?

Unterdessen forderten Athleten-Verbände konkrete Sanktionen gegen die belarussische Delegation. Auch eine Suspendierung des NOK solle vom IOC dabei angedacht werden. Damit die Sportler und Sportlerinnen nicht weiter unter den Funktionären und den Launen Lukaschenkos zu leiden hätten, könnten sie unter neutraler Flagge an den verbleibenden Wettkämpfen teilnehmen.


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