Aufruf an die Schweiz?
Statement des Weissen Hauses zum Deal enthält Botschaft an Bern

Die Russen wissen, wie man die US-Amerikaner rumkriegt. Das zeigen auch die Ergebnisse der jüngsten Verhandlungsrunde in Saudi-Arabien. Die Ukraine muss aufpassen, dass sie nicht vorschnell einknickt. Und die Schweiz sollte Washingtons Zeichen richtig lesen.
Publiziert: 25.03.2025 um 20:03 Uhr
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Aktualisiert: 25.03.2025 um 22:25 Uhr
Angriffe auf dem Schwarzen Meer soll es zwischen Russland und der Ukraine inskünftig keine mehr geben.
Foto: AP

Darum gehts

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Samuel SchumacherAusland-Reporter

Durchbruch? Nicht wirklich. Russland und die Ukraine haben sich unter Vermittlung der USA gestern Dienstag darauf geeinigt, gegenseitige Angriffe im Schwarzen Meer und Angriffe auf die Energie-Infrastruktur für 30 Tage zu unterlassen.

Ab wann die Abmachung genau gilt, bleibt unklar. Deutlich aber ist: Von Donald Trumps (78) Ziel eines umfassenden Waffenstillstands ist man meilenweit entfernt. Wer sich die Botschaften des Weissen Hauses zu den jüngsten Verhandlungsergebnissen genau anschaut, sieht rasch: Russland hat Washington einmal mehr geschickt um den Finger gewickelt. Und: Die Schweiz könnte als Vermittlerin vielleicht doch plötzlich wieder eine Rolle spielen.

Eine gute Nachricht ist das Ende des Meereskriegs für Länder wie Ägypten oder den Libanon, die von ukrainischen und russischen Getreide- oder Sonnenblumenöl-Exporten abhängig sind. Ähnlich wie der im Sommer 2023 geplatzte «Getreide-Deal» von 2022 soll der neue Waffenstillstand garantieren, dass Handelsschiffe ungestört ukrainische und russische Häfen anlaufen und wieder verlassen können.

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Die Ukraine hatte im Seekrieg zuletzt die Oberhand gegen die Russen. Die Versenkung der Moskwa, des grössten russischen Kriegsschiffes auf dem Schwarzen Meer, im April 2022 wird in der Ukraine bis heute als zentraler Moment des Widerstands gefeiert.
Foto: EPA

Russische Bauern und Händler dürfen sich freuen

Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski (47) machte jedoch klar, dass jedes russische Kriegsschiff ausserhalb einer klar definierten Zone im östlichen Schwarzen Meer als Gefahr wahrgenommen und bekämpft würde. «Wenn die Russen sich nicht daran halten, werde ich Trump um Sanktionen und Waffen bitten», sagte Selenski in Kiew zu Journalisten.

Bei der Energie-Infrastruktur sind die abgegebenen Botschaften ziemlich schwammig. Man arbeite an der Umsetzung, heisst es wenig konkret. Klar aber ist: Militärisch gesehen profitiert vor allem Russland von den beiden Abkommen zum Schwarzen Meer und zur Energie-Infrastruktur. In beiden Bereichen hatte die Ukraine zuletzt deutlich die Oberhand. Die Ukrainer haben grosse Erfolge mit Angriffen auf die russische Ölindustrie gefeiert und die russische Schwarzmeerflotte faktisch ausgeschaltet.

Dass Russland an diesen beiden Schwachstellen jetzt geschont werden soll: schön für Moskau.

Noch schöner ist, dass Trump die Russen für ihr als Entgegenkommen getarntes Manöver auch noch wirtschaftlich belohnt – und wie. Das Weisse Haus hält in seinem Statement offiziell fest, dass man «Russland helfen wird, wieder Landwirtschafts- und Düngemittelexporte tätigen zu können». Konkret, indem man ihnen Zugang zu Häfen und Zahlungssystemen gewährt und bestehende Sanktionen gegen bestimmte Banken und Agrarfirmen aufhebt.

Steilpass für die Schweiz

Damit brechen die Vereinigten Staaten von Amerika mit ihrer bisherigen Sanktionsstrategie gegen Moskau. Ohne wirkliche Zugeständnisse hat es Moskau geschafft, sich aus der zunehmend unangenehmen wirtschaftlichen Isolation zu befreien. Die Entscheidung ist bitter für die Ukraine – und eine Ohrfeige für Europa. Die EU hat erst am 14. März erneut die bestehenden Landwirtschaftssanktionen gegen Russland noch einmal verschärft, um die für Russland wichtige Einkommensquelle versiegen zu lassen.

Ein weiterer amerikanischer Steilpass an die Russen findet sich ganz zum Schluss der Botschaft, wo das Weisse Haus festhält, das «Töten auf beiden Seiten» müsse aufhören. Ein Satz, direkt entliehen aus der Moskauer Propagandastube. Kein Wort davon, wer das Morden und Sterben in der Ukraine verantwortet.

Fazit: Die Russen tragen erneut einen Mini-Sieg in diesem Verhandlungsmarathon davon. Und: Länder wie die Schweiz sollten sich warmlaufen. Russland, die Ukraine und die USA halten fest, dass man «die guten Dienste von Drittstaaten» für die Umsetzung der getroffenen Vereinbarungen sehr willkommen heisse. Viel ist es nicht, was die Schweiz für die Lösung dieses Konflikts bislang geboten hat. Aber ihre «guten Dienste», die wären weiter umsonst zu haben.

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