In Russland wird immer wieder behauptet, bei der «Spezialoperation» in der Ukraine laufe alles nach Plan. Doch bei dem russischen Angriffskrieg kommt es zu massiven Verlusten. Nun gibt Präsident Wladimir Putin (70) erstmals Probleme zu.
In einer öffentlich übertragenen Videokonferenz hat Putin – entgegen seinen vorherigen Aussagen – eingeräumt, dass die Annexion bislang nicht erfolgreich verläuft. Der britische Guardian zitiert Putin, der sagt: «Wir gehen davon aus, dass sich die Situation in den neuen Territorien stabilisieren wird.»
Unklar, wieso Putin Instabilität ansprach
Das impliziert, dass die Lage nicht stabil ist. Und das ist sie auch nicht. Denn als Putin sein Dekret zur Annexion von vier teilweise durch russische Truppen besetzten ukrainischen Gebiete unterzeichnete, lief die ukrainische Gegenoffensive bereits auf Hochtouren. Russland verlor weitere Ortschaften an ukrainische Soldaten. Die annektierten Gebiete befinden sich teils gar nicht mehr unter russischer Kontrolle.
Es ist speziell, dass Putin das Thema Ukraine-Krieg überhaupt in der Videokonferenz ansprach. Eigentlich handelte es sich um eine Begegnung mit russischen Lehrern.
Auch die russische Propaganda-Maschine gerät derweil ins Stocken. Im russischen Staatsfernsehen wird nun vermehrt über Rückzüge und Niederlagen der eigenen Truppen in der Ukraine berichtet. Die Anweisung dazu kam laut der Nachrichtenagentur «Bloomberg» direkt aus dem Kreml.
Propagandisten machen Kehrtwende
Putin selbst habe das veranlasst, denn er habe Sorge, «dass seine unerbittlich optimistische Propaganda wachsende Zweifel in der Öffentlichkeit schürt».
Laut Medienberichten soll Putins Top-Propagandist Wladimir Solowjow am Dienstag auf dem Sender Rossija 1 gesagt haben: «Auf dem Schlachtfeld läuft es nicht gut für uns.» Auch der Kriegsreporter Alexander Sladkow soll von Schwierigkeiten in der Ukraine gesprochen haben. Er sagte dazu: «Ich weiss, es ist schrecklich, das im achten Monat der Operation zu hören.»
Russland musste sich zuletzt aus der Grossstadt Charkiw im Donbass zurückziehen. Im Nordosten, in der Oblast Charkiw, hat die Ukraine inzwischen ein beträchtliches Gebiet östlich des Flusses Oskil unter ihre Kontrolle gebracht.
Das Verwaltungsgebiet Luhansk war seit Anfang Juli komplett unter Kontrolle der russischen Streitkräfte und der Separatisten. Jetzt dringt die ukrainische Armee erstmals wieder in die Region vor. Die Ukraine macht bei ihren Offensivoperationen sowohl an der Nordost- als auch an der Südfront weitere Fortschritte. (euc)